Nordpol
 
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Eisberg mit Eigenleben vor dem Südkap Spitzbergens

 

Alle Fotos von Karsten von dem Hagen, Manuel Kliese und der nls

(Mit freundlicher Genehmigung)

 

Nordpolflug 2015 mit nördlichster

Hochzeit der Welt
Jawort über dem Nordpol

„Willst Du hier die mit Dir reisende Katharina Trappschuh lieben, achten, ehren und noch viel und weit mit ihr fliegen, so antworte bitte mit Ja.“ Das hat die Sphinx am Nordpol sicherlich noch nie erlebt; ein Paar heiratet in ihrem Reich am nördlichsten Punkt der Welt. Katharina (30) und Jan Trappschuh (37) aus Bremen feiern ihre extrem ‚coole‘ Hochzeit am Nordpol!

Am frühen Samstagmorgen um 9.03 Uhr startet der airberlin-Airbus A330-200 mit 272 Arktis begeisterten Passagieren an Bord vom Düsseldorfer Flughafen zu seinem ungewöhnlichen Rundflug zum Nordpol. Den exklusiven Trip zum Nordpol hat die Deutsche Polarflug, die mit ungewöhnlichen Reisen in die Polarregionen über eine große Erfahrung verfügt, möglich gemacht. Veranstalter Manuel Kliese: „Das ist seit 2007 bereits unser achter Flug zum Nordpol.“

Über dem Norden Norwegens ist beste Sicht. An der Steuerbordseite ist gegen 11.35 Uhr die Stadt Tromsø in dem Insellabyrinth zwischen den Inseln deutlich zu erkennen. Die dortige Wetterstation der Universität Tromsø vermeldet zwei Grad plus bei klarer Sicht. Die Stadt gilt als das Tor in die Arktis, zum Nordpol. Viele berühmte Nordpolexpeditionen starteten von hier. Eng ist Tromsø z. B. mit den Namen Roald Amundsen und Fridtjof Nansen verknüpft. Flugkapitän Wilhelm Heinz und sein Copilot Benjamin Krämer steuern jetzt den Airbus nordwärts über das Nordmeer.

 

Nördlichste Trauung der Welt. Katharina und Jan Trappschuh aus Bremen tun's!
 

Weltraum und Nordpol

Alexander Soucek, ESA-Wissenschaftler und ein ‚alter‘ Bekannter auf den Nordpolflügen referiert auf lebendige Weise über den Nordpol und bringt den Passagieren Arktis und den Weltraum ein gutes Stück näher.

Die Bäreninsel, ein Eiland auf halber Strecke, versteckt sich wie meist unter einer Wolkendecke. Gegen 12.30 Uhr herrscht am Südkap von Spitzbergen wieder kristallklare Sicht auf das nordische Archipel. Der Vorposten des Nordpols präsentiert sich mit einmaligen Panoramen. Die Passagiere knipsen und filmen fasziniert.

Kapitän Heinz gleitet derweil in etwa 5.000 Metern gemächlich über die Inselgruppe. Steuerbord erstreckt sich die Kohlegrube Sveagruva mit ihrem kleinen Flugplatz; Backbord ist wunderbar weiß eingehüllt der Hauptort Longyearbyen zu erkennen, kurz danach die russische Siedlung Pyramiden. Eine gute halbe Stunde später Erholung in den Sitzen. Der Airbus steigt wieder auf seine reguläre Flughöhe. Der Nordpol, das Ziel der Reise, wartet in etwa 1.000 Kilometer.

Die Spannung wächst auch bei dem Brautpaar und der 14köpfigen Hochzeitsschar. Nur hängt heute eine dichte Wolkendecke über der Nordpolregion. „Das ist der Brautschleier!“, sagt die aufgeregte Katharina in ihrem Brautkleid mit dem filigranen Birdcage im Haar.

„Wir sind heute zum zweiten Mal am Nordpol. Nach dem ersten Flug 2013 kam der Wunsch auf, uns am Nordpol trauen zu lassen.“, so Bräutigam Jan Trappschuh. Beide arbeiten beim Flugzeugbauer Airbus und entwickeln den A350 mit.

Amundsens Geist

Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Auf Höhe des historischen Breitengrades 87° 33‘, wo 1925 der norwegische Polarforscher Roald Amundsen auf dem Packeis notlanden musste, verlässt Wilhelm Heinz die Reiseflughöhe und beginnt mit dem Anflug auf den Pol.

An Bord ist auch wieder das kleine Stück Blech mit der großen historischen Bedeutung - das Aluminiumteilstück des genau unter uns vor genau 90 Jahren notgelandeten Amundsen-Wal, dem Dornier-Flugbootes N-25. (Einen Bericht über den Amundsen-Wal finden Sie hier.) Sven Maertens vom Veranstalter Deutsche Polarflug präsentiert das echte Stück Polargeschichte, was auch 2013 im Dorniermuseum in einer Sonderausstellung zu sehen war: „Zwei Stunden wollten die Passagiere das Amundsen-Blechteil bestaunen, fotografieren und die Geschichte dazu erzählt bekommen.“

Um 14.36 Uhr wird unter großem Applaus der Nordpol erreicht! Kapitän Heinz ist in den zähen Nebel eingetaucht und sinkt in der Nebelsuppe auf etwa 1.500 Meter. Die Digitalkameras laufen heiß. Ganz intensiv wird das Grau abgelichtet. Zu sehen ist nichts. Diesmal ist der Nebel einfach zu dicht. Ein Sturm herrscht über dem Nordpol. Die Passagiere freuen sich dennoch und stoßen mit Nordpol-Glanz in den Augen und (arktis-) eiskaltem Pommery-Champagner an.

Pol-Hochzeit

Jetzt wird es vor der Reihe HK14 spannend. Das Brautpaar steht vor Flugkapitän Wilhelm Heinz. Auf den Sitzen und im Gang drängen sich die Passagiere mit den Fotoapparaten. Wilhelm Heinz passend mit einem kleinen Stoffeisbären unter dem Arm fragt die Beiden, ob sie bereit für die Ehe seien. „Ja“, antworten Katharina und Jan Trappschuh laut, gut und vernehmlich über das Bordmikrofon. Donnernder Applaus brandet auf. Der kleine Linus aus Ratingen, mit seinen vier Jahren der wohl bis jetzt jüngste Passagier am Nordpol, darf die Ringe auf einem Kissen tragen und verfolgt ganz aufmerksam die Zeremonie.

Das Brautpaar ist glücklich, feiert mit den Gästen. Kapitän Heinz muss unterdessen mit dem Anflug auf Grönland beginnen: „Das ist meine erste Trauung als Flugkapitän überhaupt. Es ist schon ein ergreifender Moment, das im Banne der Magie des Nordpols zu machen.“

Sinkflug vor Grönland, das Kap Morris Jesup wird bei ganz klarer Sicht um 15.37 Uhr erreicht. Klein ist die Kaffeklubben-Insel zu erkennen. Die bei dem Nordpolflug vor zwei Jahren gesichteten Inseln sind in der Form diesmal nicht zu erkennen. Wenn sie heute unter dem Küsteneis liegen, erfüllen die Steinbänke nicht die Voraussetzungen für einen Inselstatus.

 
Linus, mit vier Jahren der jüngste Teilnehmer bei einem Nordpolflug, und artiger Ringträger bei der nördlichsten Hochzeit der Welt.
 

Gedränge wie bei einer Promihochzeit, das historische Jawort will jeder festhalten.

 

„Ja!“

 

Ringe mit eingravierter Flugnummer und Breitengrad.

 

Der jüngste Polarforscher

Die einzigartige Eis- und Felsenland Grönlands nimmt die Passagiere gefangen. Der kleine Linus ist begeistert von den eisigen Aussichten und vom Fliegen sowieso. Ob er später lieber Nordpolforscher oder eher Arktisflieger werden will, weiß der Vierjährige noch nicht genau. Auf jeden Fall ist er heute der Liebling der Stewardessen, die sich toll um ihn kümmern.

Auf knapp 81° fliegt Kapitän Heinz über Kronprins-Christian-Land. In einem eleganten Bogen nähert sich Heinz dem gigantischen elefantenfußartigen Gletscherabfluss, der schon auf den vorherigen Flügen die Mitreisenden in seinen Bann gezogen hat. Majestätisch und eben thront diese gut fünf Kilometer breite Masse aus gefrorenem Wasser in der Landschaft. Ein unglaubliches Naturschauspiel! Das ist einer der Höhepunkte in dieser kargen Felslandschaft, herrlich anzuschauen. Ein mächtiger Blubb - ganz ohne Spinat.

Gepackt von der atemberaubenden Landschaft sind auch Karl (13) und Richard (10), die mit ihren Eltern aus Unna kommen. Sie haben ihre Kompasse dabei, um zu schauen, wohin die Nadeln sich am Nordpol drehen: „Am Pol haben sie sich um 180 Grad gedreht. Das ist schon der Hammer, auf die Spitze der Erde zu fliegen!“ erzählt aufgeregt der Ältere. „Von dem Flug mache ich ein Referat für die Schule.“

 

Nordpolforscher oder eher Arktisflieger - Linus mit seinen vier Jahren hat viel Spaß!

 

Wohin dreht sich die Kompassnadel am Nordpol? Richard und Karl aus Unna wollen es wissen.

 

Nunatakker

Vorbei an den von Wind und Wetter zerfurchten riesigen Eisplatten des bis zu 3.200 Meter hohen Inlandeises, der sich hier in den breiten Nioghalvfjordsfjorden ergießt, geht es weiter südwärts. Nunatakker, aus dem Inlandeis ragende Berggipfel, auf König-Frederik-VIII-Land sind zu sehen.  Ein Wolkenfeld verdeckt kurz die Aussichten, eine willkommene Ruhepause. Zwischendurch werden wahlweise Hirschbraten mit Perlzwiebeln und gerösteten Speckwürfeln, dazu Rosenkohl und Spätzle oder Arktischer Kabeljau mit einer Krabbensauce an Gemüsefettucini gereicht.

Mit der ganzen Familie sind auch Heike und Harald Soyka an Bord. Mit ihren Kindern plus Partner siebenköpfig genießen die Bochumer den Flug. „Ein ganz tolles Erlebnis! Viel mehr, als wir erwartet haben! Und dazu ein super Miteinander an Bord!“, erzählt Harald Soyka. Ende Mai will er mit Sohn Sebastian ‚nur‘ zum Nordkap, aber dann mit Motorrad!

 
Familienausflug zum Nordpol - Heike und Harald Soyka mit Kindern und Anhang aus Bochum.
 

Am längsten Fjord der Welt

Der Airbus steuert nun auf den Scoresby-Sund, dem längsten Fjordsystem der Welt, zu. Vorbei geht es an dem Nerlerit Inaat Airport (Constable Pynt), einem kleinen Flughafen auf Jameson-Land wie auch an der knapp 40 Kilometer entfernten Ortschaft Ittoqqortoormiit mit ihren gut 400 Einwohnern.

Der knapp 30 Kilometer lange Eingang des Scoresby-Sundes zwischen Kap Tobin und Kap Brewster wird überflogen. Dabei werden riesige Eisberge an der Küste gesichtet. Das Eis am Eingang des Scoresby-Sundes erscheint dünner als in den Vorjahren.

Kapitän Heinz nimmt Kurs auf Island. Ein letzter Gruß aus der Subarktis, der riesige Gletscher Vatnajökull auf Island ist im letzten Tageslicht zu sehen, wie auch die Südostküste um den Ort Höfn herum. Schottland, die Insel Texel vor Holland, der geteilte Rhein mit Waal und Nederrijn. Die großartige Arktisschau ist vorbei.

Erholen? Das geht nicht, weil der Airbus schon im Landeanflug auf Düsseldorf ist. Heinz nennt über Mikrofon die Statistik für den Flug: „(…) Flugnummer AB1111, Dauer zwölf Stunden, 72 Tonnen Kerosin, 9.700 Kilometer“. Der Airbus setzt auf. Das Brautpaar küsst sich vor dem roten Triebwerk. Ein gemeinsames Seufzen: „War das schön!“

Karsten von dem Hagen, Leiter Verkauf Sonderflüge von airberlin: „Auch wenn es heute schon unser achter Flug zum Nordpol war, ist dieser Polarflug für das Sonderflug-Team und die beteiligten Fachabteilungen der airberlin immer wieder etwas ganz Besonderes. Die Vorbereitungen liefen seit Eingang der Flugbuchung vor knapp einem Jahr – und es hat sich wieder gelohnt: Die Passagiere konnten herrliche Ausblicke auf Spitzbergen und Nordostgrönland genießen “

Die Zeit verging heute (wie) im Fluge.

   

Das Südkap Spitzbergens. Selten so klar zu sehen.

 

Longyearbyen mit Flughafen im Frühjahr

 

Die russische Siedlung Pyramiden

 
Der Wijdefjord zwischen Andrée-Land und Fries-Land, der längste Fjord im Norden Spitzbergens.
 

Sveagruva auf Spitzbergen.

 

Wo ist der Nordpol?

 

Der Nebel am Pol ist der Brautschleier, sagt die Braut

 

Das Flugmanöver am nördlichsten Punkt der Erde.

(Mit GoogleEarth erstellt.)

 

Der gesamte Flugverlauf während der zwölf Stunden.

(Mit GoogleEarth erstellt.)

 

Der Geist Amundsens an Bord - Auf großes Interesse trifft das historische Blechteil des Amundsen-Wal, das Sven Maertens den Passagieren zeigt.

 

Links oben im Bild das damals gerettete Stück des Flugbootes in Kunstharz eingegossen.

 
 

Das Ende der Welt. Links oben das Kap Morris Jesup, unten die nördlichste Insel der Welt, die Kaffeklubben-Insel.

 

Gut sichtbar, die Kaffeklubben-Insel auf  83° 39′ 42″. 1900 von Robert E. Peary entdeckt. 1921 benannt vom dänischen Forscher Lauge Koch. Von hier, dem nördlichsten Flecken Erde, der dauerhaft über dem Wasserspiegel und 3,8 Kilometer nördlicher als das Kap Morris Jesup liegt, sind es (lt. wikipedia) genau 705,58  km bis zum Nordpol.

 

Wow! Ein sogenannter elefantenfußförmiger Gletscherabfluss auf Kronprins-Christian-Land am Romer Sø auf etwa 81 Grad, immerhin gut fünf Kilometer im Durchmesser.

 

Das arktisches Licht- und Schattenspiel.

 

2007 - An der Küste von Lambert Land auf 79°12.301'N 20°05.874'W mit Blick gen Westen auf das ansteigende Inlandeis. Links oben im Bild sind aus dem Eispanzer herausragende Bergspitzen, sogenannte Nunatakker -  hier der Moltke Nunatakk und der Grønne Nunatakk - zu erkennen.

 

2015 - Praktisch der gleiche Blick wie auf dem Foto darüber, nur acht Jahre später.

 

!!!! 2017 - Praktisch der gleiche Blick wie auf den Fotos darüber, jetzt zwei bzw. zehn Jahre später.

 

Eisige Bergstrukturen.

 

Riesige Eisberge treiben im Scoresby-Sund.

 

Super Flug! (Von links) Flugkapitän Wilhelm Heinz, Copilot Benjamin Krämer und Veranstalter Manuel Kliese.

 

Abbruchkante des Inlandeises im Nordosten

 

ESA-Wissenschaftler Alexander Soucek bei seinem Vortrag.

 

Die Südostküste Islands. Oben ist der mächtige Vatnajökull zu erkennen.

 

Beine hoch - die Nordpolbraut Katharina Trappschuh zum Ende des Zwölf-Stunden-Fluges.

 

Der Rhein hat die Reisenden wieder. Nederrijn und Waal schlängeln sich im Abendrot, weiter die Stadt Arnhem und die davor abgehende Ijssel.

 
 
(Die blauumrandeten Fotos können vergrößert dargestellt werden.)
 

Autor Th. Bujack

 
Veröffentlichung und Verbreitung nur mit Einverständnis des Autors!

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