„Reisen
- Entdecken - was ist es weiter als die grosse Sehnsucht des Menschen, hinter das Wesen
aller Dinge zu schauen! Wir wissen nicht, woher wir kommen, wir wissen nicht, wohin wir
gehen. Um so stärker der Drang, das zu kennen, was um uns ist und unseren wachsenden
Kräften erreichbar scheint. Wir wollen das Endliche begreifen, um davon auf das
Unendliche, das Unerforschte, das ewige Geheimnis zu schliessen.“
...schreibt
Heinrich Hubert Houben in seinem 1927 erschienenen Buch „Der Ruf des Nordens“.
Die Kulturvölker des Altertums beschäftigten sich schon damals mit der Frage: Was liegt
hinter dem uns bekannten Horizont?
Die Irrfahrten des Odysseus
im 12. Jahrhundert v. Chr., die er im Mittelmeerraum unternahm, leben bis heute in
Homers unsterblichen Gesängen fort und machten Schule. Immer mehr abenteuerlustige
Menschen brachen auf, um neue Ufer zu entdecken. Phantastische Geschichten wurden
erzählt, Wahrheit und Dichtung verwuchsen untrennbar ineinander.
Herodot von
Halikarnaß,
Griechenlands erster Geschichtsschreiber, wusste schon die Sagen von den Hyperboräern zu
erzählen. Diese wohnten über den brausenden Stürmen. Außerdem kannte er wie auch Homer
die Geschichten von den Einäugigen, deren Heimat der hohe Norden war.
Um
500 v. Chr. entsteht die Geschichte über die erste
Nordlandfahrt, die allerdings auf unsicheren Quellen
basiert. Demnach soll der karthagische Seefahrer Himilco
durch die Straße von Gibraltar und bis nach Britannien
gefahren sein.
Der griechische
Geograph, Mathematiker und Astronom
Pytheas aus Massalia, dem heutigen Marseille,
startete im 4. Jahrhundert v. Chr., eine Entdeckungsfahrt in den Norden. Sein Werk
„Vom Ozean“ ist nur noch bruchstückhaft erhalten. Darin werden auch zum ersten
Mal die Germanen erwähnt, mit denen Pytheas um Bernstein handelte. Er umschiffte
Frankreich, bereiste die Britischen Inseln, passierte die heutigen Shetland-Inseln und
ging wahrscheinlich in Mittel-Norwegen an Land. Diese Region nannte er „Thule“
(ultima Thule = äußerstes Land im Norden). Schließlich gelangte er soweit in
den Norden, dass er angesichts der dort treibenden Eisschollen glaubte, das Ende
der Welt, das Ende allen festen Landes erreicht zu haben. Zudem berichteten ihm
die keltischen Ureinwohner vom „Marima rusa“, dem Toten Meer, welches mit festem Eis bedeckt
sei.
Um 825 n. Chr.
kommen die ersten Berichte von nördlichen Inseln auf, wo sich fromme Eremiten von der
Schafszucht und dem Fischfang ernähren. Diese Inseln dürften die Färöer-Inseln gewesen
sein (Far = Schaf, Oe = Insel). Dabei werden auch die Normannen erwähnt. Ohne
Navigationswissen und ohne Kompass schicken sie stattdessen einen Raben - einen von
Odins heiligen Vögeln - in die Lüfte, um sich an seiner Flugrichtung zu orientieren.
Denn dort liegt sicher Land, nämlich unbekanntes Land, wo reiche Beute winkt. Die
Wikinger werden zu einer gefährlichen Plage. Sie unternehmen Raubzüge bis zur spanischen
und italienischen Halbinsel, dringen bis in das Weiße Meer nach Lappland vor und
besiedeln Island und Grönland. So gelangen sie bis nach Amerika, welches sie fünf
Jahrhunderte vor Kolumbus entdecken.
Die Erste Deutsche
Nordpolexpedition um das Jahr 1040 wird von einigen wagemutigen Seefahrern aus
Friesland unternommen. Sie berichten von Gold, Zyklopen und menschenfressenden Hunden an
den hohen Nordküsten. Wenn den Berichten überhaupt Glauben geschenkt werden darf, sind
sie wahrscheinlich auf die Normannen gestoßen, die damals an der Ostküste Grönlands
siedeln und Bronze verarbeiten.
Das Zeitalter der
Kreuzzüge (11.-13. Jahrhundert) zieht auch viele Abenteurer aus Habsucht auf der
Suche nach den Reichtümern der Heiligen Drei Könige immer weiter nach Osten. Auch Marco
Polo reist nach China, um dort die Völker zu christianisieren. Der Landweg dorthin ist
beschwerlich und zeitraubend. Man nimmt schon zu dieser Zeit an, dass die Erde eine Kugel
ist, und so muss es auch folglich möglich sein, von der Westküste Europas über das
Grosse Wasser bis in den Orient zu gelangen.
Andere Reisende im
Mittelalter erzählen in ihren Reiseberichten vom hohen Norden von „bärtigen
Weibern“, von Amazonenvölkern mit schönen Frauen und von Männern mit Hundsköpfen,
die bellen.
Im Jahre 1492
landet Kolumbus auf den Bahamas, Kuba und Haiti, im Glauben, Asien erreicht zu
haben. Fünf Jahre später betritt Giovanni Caboto, auch John Cabot genannt,
als erster Europäer das Festland Amerikas. Er verzweifelt an seiner Suche nach China und
Japan, da er bis nach Grönland segelt und keine asiatischen Ländereien finden kann.
Erst
1504, zwei Jahre vor Kolumbus Tod, kommt der italienische Geograph Amerigo
Vespucci bei seinen wahrscheinlichen Reisen nach Nord-, Mittel- und Südamerika auf den
Gedanken, dass diese Landmassen nicht Asien sondern ein neuer vierter Erdteil sind. Der
deutsche Kartograph
Martin Waldseemüller benennt den neuen Erdteil nach Amerigo =
Amerika.
Erwähnenswert
sind auch die Reisen des Portugiesen Fernao de Magalhaes, auch
Magellan genannt. Er
segelt im Jahre 1519 von Europa westwärts um die Spitze Südamerikas nach Asien.
Seine Schiffe erreichen nach dreijähriger Reise aus dem Osten kommend den Heimathafen in
Spanien, und die erste Erdumrundung der Welt ist beendet.
1517 versucht Sebastian
Caboto, Sohn des Giovanni Caboto, im Norden den Westweg nach Indien, die
Straße nach
Anian zu finden. Dabei kommt er bis zur Hudson Bai. Er findet zwar keine Durchfahrt, aber
durch ihn kommen europäische Walfänger bis an die Küsten Nordamerikas.
Nachdem im Westen keine
Durchfahrt gefunden worden ist, versuchen es Wagemutige im Nordosten über Norwegen und
Russland. Dabei betritt im Jahre 1555 der Engländer Generalpilot Bourrough
als erster Mensch die große russische Doppelinsel Nowaja Semlja. Dennoch ist dieser wie auch andere
spätere Versuche die Nordostpassage zu erzwingen, aufgrund der großen Mengen Eis
gescheitert.
Unterdessen entwickelt
sich Holland zu einer führenden Seefahrernation. Spanien und Portugal dulden den neuen
Konkurrenten nicht und kapern holländische Schiffe. Zu der Gefahr, gekapert zu werden,
kommen die schlimmen Stürme im Indischen Ozean, die ungeheure Hitze am Äquator und die
lange Reisedauer von neun bis zehn Monaten. Deshalb suchen die Holländer nach einem
anderen, einem neuen Seeweg in den Orient.
Gegen Ende des 16.
Jahrhunderts versucht der Holländer Willie Barents die Nordostpassage
oberhalb der Küsten Norwegens, Russlands und Sibiriens zu finden. Bei seiner dritten
Fahrt - die beiden vorherigen waren gescheitert - entdeckt er 1596 die Inselgruppe
Spitzbergen. Er fährt anschließend gen Osten und muss mit seiner Mannschaft auf
Nowaja Semlja überwintern, da das Schiff im Eis festfriert. Es ist die
erste Überwinterung in der Arktis überhaupt. Nur zwölf Matrosen können sich im
folgenden Sommer vom 77. Breitengrad zurück nach Russland retten. Die anderen, unter
ihnen auch Willie Barents, finden auf der Insel den Tod. Fast 300 Jahre später werden der
Reisebericht und Gegenstände dieser Expedition gefunden, welche jetzt in Amsterdam und in
Tromsø zu besichtigen sind.
1577 glaubt der
Engländer Frobisher den Weg in die Nordwestpassage zu haben. Von
seiner Reise bringt er einen Angehörigen der im Norden lebenden Inuit-Stämme mit, die er
anfangs mit Seehunden verwechselt hat. Jetzt kommt das Gerücht in England auf, im Norden
sei ein riesiges Goldland, das man „Meta incognita“, das unbekannte Grenzland
nennt. Frobisher wird von Königin Elisabeth zum Oberadmiral aller Meere ernannt und
führt zwei weitere Expeditionen in die NW-Passage durch. Jedoch entpuppt sich das unter
unsäglichen Mühen herbeigeschaffte gelbe Gestein, das man für Gold gehalten hatte, als
wertloses Felsgestein, und Frobishers Reisen in den Norden sind damit zu Ende.
Frobisher und der
Spanier Caboto waren bis in die Hudson-Bai vorgedrungen, ohne zu wissen,
dass es sich um
ein Binnenmeer handelt. Der Engländer Henry Hudson kundschaftet im Auftrage der
Holländisch-Ostindischen Kompanie um 1611 die Bai aus, die heute wie auch der
Hudson-River seinen Namen trägt. Auch er glaubt, dort das offene Meer erreicht und den
Seeweg nach Indien gefunden zu haben. Neben der Erkundung der Hudson-Bai kann er mit
seinen Schiffen bis zum 82. Breitengrad vordringen.
Den nächsten Anlauf
zur Entdeckung der NW-Passage unternimmt der Engländer William Baffin. In den
Jahren 1612-1616 erreicht er die Melville-Bai, den Smith-Sund und den
Lancaster-Sund. Er ist auf dem richtigen Weg. Aber er scheitert an der Meeresströmung,
dem Eis und dem Skorbut. Bei seiner Rückkehr erklärt er, dass das Passieren des
nord-westlichen Seeweges als unmöglich betrachtet werden muss. Und daraufhin verschwindet
die NW-Passage für zwei Jahrhunderte aus der Entdeckungsgeschichte.
In der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhundert beschäftigen sich die Engländer erneut mit der Frage, einen kurzen,
schnellen Seeweg nach Indien zu suchen. Der Weg über den Nordpol erscheint ihnen
gesünder als der qualvolle, verlustreiche Weg über den Äquator. Die damaligen
Vorstellungen vom Nordpol gehen über einen riesigen Magnetberg bis zu Wasserstrudeln, die
aus der Tiefe kommen und so die Gezeiten verursachen. 10 bis 20 Schiffe verschwinden
damals jährlich bei Entdeckungsfahrten in den Nordmeeren.
Nennenswert ist hier
der Versuch des Engländers Mister C. J. Phipps, der 1773 mit den beiden
besten Schiffen der englischen Marine zum Nordpol vordringen will, aber direkt an der
Eisbarriere im Norden Spitzbergens scheitert. Er macht als erster Beobachtungen über den
Naturraum im hohen Norden, und sein damals 14jähriger Schiffsjunge Horatio Nelson
erlangt später als englischer Admiral Berühmtheit. Von dieser Reise erzählt man sich
folgende Geschichte, dass der junge Nelson mit einer Muskete bewaffnet von Bord schlich,
um einen Eisbären zu schießen. Das Fell wollte er seinem Vater mitbringen. Doch die
Muskete versagte, aber ein vom Schiff abgefeuerter Kanonenschuss ließ das Tier dann
flüchten.
Auch vom Osten, von
Asien her, gibt es Versuche über Nordamerika Europa zu erreichen. Tscheljuskin und
Bering haben bei den Nordischen Expeditionen viele neue Erkenntnisse
über Sibirien gesammelt. Der Kosake Gwosdew soll hier genannt sein, der angeblich
im Jahre 1730 von Asien über die Beringstraße nach Alaska gelangt ist und dort
auf Eingeborene trifft, deren Sprache er nicht versteht. Der deutsche Naturforscher Georg
Wilhelm Steller gehört der Bering-Expedition an, die im Juli 1741 Alaska von
Asien her betritt.
Im Jahr 1778
kann James Cook am weitesten von Asien aus in die NW-Passage vordringen und
erreicht den 70. Breitengrad, ehe Eismassen ihm dem Weg versperren. Durch ihn werden
wichtige geographische Erkenntnisse über den Landesraum gewonnen.
An einer anderen
russischen Expedition in die Beringstraße nimmt übrigens 1815 der deutsche
Dichter Adelbert von Chamisso als Naturforscher teil. Die Schilderung dieser Reise
findet sich in seinen späteren Werken wieder.
Das Bild der mächtigen
Kontinente Amerikas und Asiens zeichnet sich immer genauer ab, aber um so mehr verzweifelt
man an der Lösung des Problems, einen nordwestlichen Seeweg zu finden. Deshalb steht ab
1817 der wissenschaftliche Erfolg einer Expedition im Vordergrund. Es geht darum, die
Kenntnisse über die Erde zu erweitern.
Der Walfänger William
Scoresby, mit den arktischen Gewässern bestens vertraut, berichtet 1817 den
englischen Gelehrten, dass das Eis im Nordmeer infolge eines ungewöhnlich
heißen Sommers
stark in Bewegung geraten ist. Diese sehen darin eine Gelegenheit, vielleicht sogar bis
zum Nordpol vorzustoßen. Es werden im Jahre 1818 zwei Expeditionen unter dem
Kommandos von John Ross und David Buchan ausgerüstet. Ersterer soll von der
Baffin-Bai aus, zweiterer zwischen Grönland und Spitzbergen aus in das Eis
vorstoßen.
Beide sollen dann über den Nordpol segeln und weiter bis in den Stillen Ozean
weiterfahren. Buchan erreicht den 80. Breitengrad und gerät in heftige Stürme. Darauf
bricht er das Unternehmen bei Grönland ab. Ihn und seine Offiziere hat der Mut
verlassen.
Nur einer ist mit dem Abbruch nicht einverstanden: Der damals 32jährige Leutnant John
Franklin, der schon über die halbe Welt gesegelt ist und sich als hervorragender
Seemann und tapferer Soldat bei verschiedenen Gelegenheiten bewährt hat.
Unterdessen gelangt
James Ross mit seinen beiden Schiffen soweit in die NW-Passage vor, so
dass sie den 80.
Breitengrad passieren, und die Beobachtungen von Baffin, die er 200 Jahre zuvor gemacht
hatte, sich bestätigen. Aber aufgrund einer optischen Täuschung - Kommandant Ross
glaubt, eine Gebirgskette versperrt den Schiffen den Weg - bricht Ross den
Vorstoß ab.
Der Leutnant des anderen Schiffes, William Edward Parry kann Ross von seinem Irrtum
nicht überzeugen und muss ebenfalls umkehren.
Kaum in London zurück,
unterrichten Franklin und Parry die Britische Admiralität über ihre Vorstellungen der
Arktisexpedionen. Die Admiralität ist von den beiden begeistert und beauftragt sie 1819
mit der Erkundung der NW-Passage. Es wird beschlossen, dass Franklin über Land von der
Hudson-Bay aus die Nordküste Amerikas erreichen und nach Osten
vorstoßen soll, während
Parry den Weg durch den Lancaster-Sund weiter verfolgt. Mit etwas Glück sollen beide
Expeditionen wieder zusammentreffen.
Parry gelingt es, den
Lancaster-Sund zu passieren und bis zur Melville-Insel zu gelangen. Damit überquert er
den 110. westlichen Längengrad und gewinnt die für dessen Erstüberquerung ausgelobten
5000 Pfund Sterling. Sein weiteres Vordringen wird aber durch Windstillen und Schneestürmen
unmöglich gemacht, und Parry muss auf der Melville-Insel überwintern. Gegen den Skorbut
gibt es Zitronensaft, und es erscheint sogar eine wöchentliche Bordzeitung, die erste aller
Polarzeitungen. Parrys wissenschaftliche Beobachtungen über Schwankungen der Magnetnadel,
Temperaturen, Eisdicke, Nordlicht u. s. w.. bilden die Grundlage für spätere
Polarforschungen. Im folgenden Sommer jedoch scheitert Parry erneut am Eis und
muss schließlich nach England zurückkehren, ohne mit Franklin
zusammengetroffen zu sein. Dort dauert es noch anderthalb Jahre, bis das
Schicksal der Franklin-Expedition von den Verschollenen selbst beantwortet werden kann. (1822).
Franklin startet am 19.
September 1819 an der Küste der Hudson-Bai seine Landerkundung mit 28
Gefolgsleuten. Durch Schwierigkeiten mit der Nachschubversorgung und mit Indianer gelangt
Franklin teils zu Fuß, teils mit Kanu bis zur Coronationbucht über den 110.
westl.
Längengrad hinaus. Die Rückkehr Franklins und seiner Gefährten entwickelt sich sehr
dramatisch: Michel, ein begleitender Irokese, wird vom Hunger getrieben zum
Menschenfresser und bringt vier Gefährten um, ehe er von dem Expeditionsarzt Dr.
Richardson erschossen wird. Von den 20 Mann, die den Rückweg angetreten haben, kehren
sieben in die Heimat zurück.
Sir John Ross möchte
seine Blamage mit der Luftspiegelung wieder gutmachen und findet, unterstützt von dem
reichen Branntweinbrenner Felix Booth, in dem Dampfschiff „Victory“ eine neue
Möglichkeit zur Polarfahrt. Der Dampfmotor funktioniert schon auf der Themse nicht
ordnungsgemäß, und Ross baut ihn später kurzerhand aus. Er und sein Neffe James Ross
erforschen von 1829 an bis 1833 die NW-Passage bis zur nördlichsten Spitze
Amerikas und entdecken dabei den magnetischen Nordpol. Die Rückkehr gelingt der
Mannschaft nur unter Mühen. Von der Welt für tot geglaubt, treffen sie in Baffin-Bai auf
einen Walfänger, der sie zurück nach England bringt. Vergessen ist damit die
Peinlichkeit mit der Luftspiegelung, Kapitän John Ross und sein Neffe James reihen sich
endgültig in der Liste der Polarentdecker ein.
Sir James Ross entdeckt
und erforscht in den Jahren 1841 - 1843 das völlig unbekannte Südpolargebiet, den
sechsten Erdteil. Unterwegs ist er mit den Schiffen „Erebus“ und „Terror“. Eben mit den beiden Schiffen, mit denen John Franklin am 19. Mai
1845 aufbricht, um die NW-Passage zu bezwingen.
Die Franklin-Suche
„Ängstigt
Euch nur nicht, wenn es auch länger dauern sollte als vorgesehen.“, so lauten
die Abschiedsworte an die Zurückgebliebenen. Am 26. Juli werden sie von einem Walfänger
das letzte Mal lebend gesehen, als sie durch das gefürchtete Eis von der Baffin-Bay in
den Lancaster-Sund steuern. Über zwei Jahre vergehen dann ohne das geringste
Lebenszeichen von der Franklin-Expedition. Drei Suchexpeditionen werden nacheinander in
den Nordwesten losgeschickt, um nach der „Terror“ und nach der „Erebus“ zu suchen
Die erste leitet
Franklins ehemaliger Expeditionsarzt Dr. Sir John Richardsen durch den Norden Kanadas. Ein
Jahr später kommt der Handelsaufseher der Hudson-Kompanie John Rae noch etwas weiter
westwärts, kehrt aber auch ohne die geringste Spur schließlich um. Wäre er etwas weiter
marschiert, hätte er vielleicht Spuren von Franklin gefunden, und die Welt hätte
schließlich nicht einer der spektakulärsten und aufopferndsten Rettungsunternehmen
überhaupt erleben können.
Die zweite Suche wird
im Juni 1848 von den Kapitänen James Ross und Bird sowie den Offizieren
MacClintock und MacClure durchgeführt, die Schiffe sind die „Enterprise“ und die
„Investigator“. Im Winterquartier auf der Leopolds-Insel fängt die
Mannschaft lebende Polarfüchse und bindet diesen Zettel um den Hals, in der Hoffnung,
dass diese von Franklins Mannschaft wieder gefangen werden könnten. Alles vergebens.
Die dritte
Hilfsexpedition unter Leutnant Pullen soll von der Beringstraße, also aus
Richtung Asien in die Nordwestpassage einfahren. Die Schiffe „Plover“ und „Herald“
bleiben schon frühzeitig im Eis stecken, verlieren sich, treffen sich auf der
Chamisso-Insel wieder und sichten auf der Rückfahrt die damals noch unbekannte
Herald-Insel und die Wrangel-Insel
Fünf Jahre waren seit
der Abfahrt der „Erebus“ und „Terror“ vergangen. Lebte Franklin noch?
Die Lebensmittel sollten fünf Jahre reichen. War er gar schon über den Nordpol gesegelt?
Gewissheit über Franklin musste dennoch her, darüber waren sich alle einig. Die
Admiralität in London setzte 20.000 Pfund Belohnung aus, Lady Franklin, die Gattin von
Sir John, erhöhte auf 30.000 Pfund. Commodore Pullen, mittlerweile befördert, versuchte
sein Glück zum zweiten Mal von Asien her, wieder ohne Erfolg.
Im Mai 1850
läuft Kapitän Austin mit den beiden Seglern „Resolute“ und „Assistance“ und den beiden Schraubendampfern
„Pioneer“ und „Interpid“ in Richtung Barrowstraße und Melville Sund aus. Lady Franklin kauft
den Schoner „Prinz Albert“ und schickt diesen unter Kapitän Forsith zur
Prinzregenten-Einfahrt. Die „Lady Franklin“ und die „Sophia“ (benannt
nach Franklins einziger Tochter) fahren zur Baffinbai. Der 74jährige John Ross nimmt die
Suche mit den Schiffen „Felix“ und „Mary“ auf, und die „Nordstern“ von Kapitän Saunders legt im August in Richtung arktisches Meer ab.
Der Amerikaner John Grinell schenkt der Suche zwei Schiffe, die „Advance“ und
die „Rescue“, die von der Londoner Admiralität ausgerüstet und bemannt werden.
Leutnant de Haven, ein Amerikaner, übernimmt ihr Kommando. Proviant für drei Jahre haben
die Schiffe „Enterprise“ und die „Investigator“ an Bord. Kapitän Collinson und sein Commodore MacClure müssen zuerst um die Südspitze Südamerikas, dabei
zweimal den Äquator überschreitend, um zum Ausgangspunkt für ihre Suche zu gelangen. 14
Schiffe nehmen an der Suche teil, um Spuren oder sogar Überlebende der
Franklin-Expedition zu finden.
Bei einer Landung der
„Prinz Albert“ auf den Leopold-Inseln findet sich rein zufällig ein Tauende mit
dem eingewebten roten Faden der englischen Marine, ein Teil Segeltuch, Holzstücke und
Knochenreste von Hammeln und Schweinen. Die erste Spur der verschollenen
Franklin-Expedition! Kapitän Forsith kehrt mit diesen Fundstücken sofort nach England
zurück.
Dem Walfischfänger
Penny fallen bei Kap Riley Schlittenspuren auf. Er findet ein Steinhütte und findet einen
Napf und einen Trinkbecher: Zinkgefäße aus Franklins Besitz! Bei der weiteren Suche
finden Pennys Männer auf der Beechy-Insel das wahrscheinlich erste Winterlager der
Franklin-Expedition nebst drei Gräbern von Matrosen. Aber kein Schriftstück oder Hinweis
über das weitere Schicksal von Franklin und seinen Leuten. In der Nähe der Beechey-Insel
treffen die Schiffe zufällig zur Überwinterung zusammen. Die amerikanischen
Schiffe „Rescue“ und „Advance“ sind für den Winter nicht ausgerüstet und
wollen zur Rückkehr aufbrechen. Beide Schiffe bleiben an einem Eisberg hängen, der sie
nordwärts zieht bis 75° 25', so hoch wie noch kein anderes Schiff in dieser Region.
Bange Wochen haben die von Kälte und Skorbut gezeichneten Mannschaften durchzustehen, ehe
sie am 5. Juni 1851 wieder freikommen und endlich zurückkehren können. Die
englischen Schiffe, die den Winter wohlbehalten überstanden haben, kehren ebenfalls in
diesem Sommer zurück. Nur Kapitän Collinson und MacClure sind jetzt noch unterwegs.
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