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Wer war der erste Mensch am Nordpol? Peary? Cook? Oder Keiner der Beiden?

 
Das große Rennen
Wer war der Erste am Nordpol?

Alle Längengradlinien kreuzen sich zweimal auf der Erde: am Nordpol und am Südpol. Keine besonderen Zeichen, Monumente oder andere fassbaren Naturphänomene definieren diese geographischen Extrempunkte - außer der Tatsache, dass dort sechs Monate die Sonne am Himmel steht, und dann dem Tag die ebenfalls sechsmonatige Polarnacht folgt. Außerdem liegt der Nordpol mitten im Meer, das Wasser hat dort eine Tiefe von über 4.000 Metern! Dennoch unternehmen Forscher, Abenteurer, Besessene und das Militär gigantische Anstrengungen, diesen Punkt, der nur im menschlichen Geist existiert, zu erreichen. 

Um es vorwegzunehmen, die wahre Antwort auf die Titelfrage wird immer ein Geheimnis bleiben. Cook, Peary und Byrd haben ihre Wahrheiten mit ins Grab genommen. Die heutigen Fakten sprechen gegen die Amerikaner. Nachweisbar bleibt aber der Überflug des Nordpols 1926 von Roald Amundsen, Umberto Nobile und Lincoln Ellsworth.

Die Vorgeschichte

Ein kurzer Seeweg nach Asien reizt vor allem wirtschaftlich, denn im Mittelalter lockt der Handel mit teuren Gewürzen. Ein Pfund Safran ist im Mittelalter so viel wert wie ein Pferd, ein Pfund Ingwer wie ein Schaf, und Pfefferkörner werden in Gold aufgewogen. Eine Nordroute würde einen ungeheuren Vorteil gegenüber anderen Händlern bedeuten. Neben dem ungemein langen Seeweg um das Südkap Afrikas gibt es nur drei theoretisch mögliche Routen, die jedoch unbekannt sind: der östliche Seeweg nördlich von Sibirien, der westliche Seeweg nördlich von Amerika, und die Nordroute über den Pol.

Der Grieche Pytheas von Massilia weiß schon um ca. 330 v. Chr. von dem Pol im Norden. Um das Jahr 1040 unternehmen friesische Seeleute eine Nordpolfahrt, die sie angeblich bis zur Küste Grönlands führt. 

Siegfried Czapka berichtet in seinem Werk „Arktis Entdeckungen - Expeditionen - Ereignisse“ (erschienen 1997/98) von drei Quellen, die übereinstimmend berichten, dass der britische Franziskanermönch Nichole of Lymne im Jahre 1360 weit in den hohen Norden gereist sein soll. Welchen Breitengrad er dabei erreicht haben will, wird nicht überliefert. Dennoch geht die Annahme, dass er Grönland, Labrador oder sogar Ellesmere-Land erreicht haben könnte. 

Die erste Arktisüberwinterung

In mehreren Expeditionen versuchen gegen Ende des 16. Jahrhunderts, die Holländer über den Nordweg nach Asien zu kommen. Die vier Schiffe der ersten Expedition - eines unter Steuermann Willem Barents - trennen sich vor der Küste Nordskandinaviens und untersuchen die östlichen Küsten Russlands und Teile von der Insel Nowaja Semlja. Ein Jahr später - 1595 - wiederholt Willem Barents die Fahrt diesmal mit sieben Schiffen.

Wiederum ein Jahr später, nämlich am 18. Mai 1596, verlassen Willem Barents und Jan Corelisz Rijp mit je einem Schiff die Niederlande und entdecken die Bäreninsel und die Nordwestküste von Spitzbergen. Dort trennen sich die beiden Schiffe. Rijp versucht den Seeweg über den Nordpol nach Asien einzuschlagen. Barents befährt den östlichen Seeweg an Nowaja Semlja vorbei in das Karische Meer. Dort werden er und seine Männer wegen des schlechten Wetters zur ersten Überwinterung in der Arktis überhaupt gezwungen.

Im Juni 1597 gelingt es der geschwächten Besatzung, in zwei offenen Beibooten endlich die russische Küste zu erreichen. Barents stirbt unterdessen. Fischer retten die Überlebenden; schließlich gelangen die Männer zur Murmanküste an der Kola-Halbinsel. Sie treffen auf den dort zufällig ankernden Rijp, und die Rettung ist perfekt!

 

Die Bäreninsel aus der Luft gesehen. In der Mitte die höchste Erhebung, das Miseryfjellet, mit 535 Metern. Links an der  nördlichen Küste liegt die meteorologische Station.  

(Foto: Th. Bujack, nordlandseite.de)

 

Meuterei

In den Jahren 1607 bis 1611 versucht der Engländer Henry Hudson mehrere Male, über den Nordpol China zu erreichen. Seine erste Reise führt ihn bis zur Eisgrenze auf 80°23'N; auf dem Rückweg entdeckt er das Eiland Jan Mayen. Seine zweite Reise endet in der Karasee. Auf der dritten Reise meutert die Mannschaft. Auf der vierten Reise glaubt er endlich in dem Hudson River, einen Seeweg in Richtung Osten gefunden zu haben. Doch die Mannschaft meutert, setzen ihn, seinen Sohn und sieben weitere Getreuen in einem Boot aus und überlassen sie ihrem Schicksal.

1610 wird der englische Kapitän Jonas Poole von der Moscovy Company zwecks Auffindung eines Handelsweges nach China gen Norden geschickt. Er entdeckt zufällig in der Kingsbai auf Spitzbergen angeschwemmte Kohle, die aber erst 300 Jahre später abgebaut werden soll. Da auch für ihn an der Packeisgrenze Schluss mit seiner Suche ist, muss er nach London zurück kehren. Er berichtet nach seiner Rückkehr von dem großen Walreichtum in den spitzbergischen Gewässern. Das ist der Beginn der nördlichen Waljagd und des daraus resultierenden Trankrieges, den die Holländer 1632 gegen die Engländer für sich entscheiden können. 

Um 1675 berichtet der Holländer Cornelis Roule von einem Fjordland auf 85°N, das er umsegelt haben will. Er erzählt dort von großen Vogelschwärmen  und von offenem Wasser gen Norden. Ist er vielleicht der Entdecker von Franz-Josef-Land fast hundert Jahre vor Weyprecht und Payer, oder gehört seine Geschichte ins Fabelreich?

1773 versucht der Engländer Constantine John Phipps, den Packeisgürtel zu durchstoßen, um dann über den Nordpol nach Asien zu reisen. Doch bei 81°N lässt das Eis ihn nicht durch. Dennoch ist diese Expedition wissenschaftlich ein Erfolg. Auch wird erstmals ein Verfahren angewandt, durch Destillation Seewasser trinkbar zu machen. Auf jeden Fall gilt die hier erreichte Höhe als bestätigt, im Gegensatz zu der zuvor genannten Roule-Fahrt. Übrigens ist bei dieser Expedition der 15-jährige Horatio Nelson dabei, der später als britischer Admiral und Seeheld in die Geschichte eingehen soll.  

Nebelbänke werden zu Bergen

Konkreter werden die Engländer mit den Expeditionen unter den Kapitänen John Ross und David Buchan, die England 1818 verlassen, mit dem Ziel, den Nordpol zu erreichen. Doch während für Buchan auf 80°N an der Packeisgrenze der Wendepunkt seiner Fahrt ist, fährt John Ross unterdessen die Westküste Grönlands entlang. Dort entdeckt er die nördlichsten Menschen der Welt, die Etah-Eskimos. Dann fährt Ross westwärts in den Lancaster-Sund und bricht die Reise ab, weil er glaubt, Berge versperrten ihm den Weg. Eine optische Täuschung - es sind Nebelbänke, wie es sich später herausstellen wird. Über die vermeintlichen Kroker-Berge lacht dann die Welt. 

Der englische Kapitän Parry versucht es 1827 mit Rentierschlitten von Spitzbergen aus, den Nordpol zu erreichen. Er erreicht mit 82°45'N, die höchste bis dahin erreichte Höhe.

Danach setzt die Manie der Nordwestpassage ein, der Seeweg durch die kanadischen Nordinseln nach Asien. Bekanntestes Opfer ist die Franklin-Expedition in den Jahren 1845-48. In den folgenden Jahrzehnten liegt der Hauptaugenmerk der Forscher und Abenteurer auf der Route nach Asien durch das Insellabyrinth, damit verbunden mit der Suche nach Franklin und seinen Mannen - eine der umfangreichsten Suchen überhaupt.

Ein eisfreies Polarmeer?

1853/55 leitet der U.S.-Marineoffizier Dr. Elisha Kent Kane die sogenannte 2. Grinnell-Expedition. (Die 1. Grinnell-Expedition fand 1850/52 unter dem Kommando von Jesse de Haven statt und diente der Suche nach der verschollenen Franklin-Expedition. Dr. Kane war daran als Schiffsarzt beteiligt und konnte eine Katastrophe unter der an Skorbut leidenden Mannschaft verhindern.) Neben der Franklin-Suche gilt diese Fahrt der Suche nach einem offenen Polarmeer nordwestlich von Grönland. Doch nach zwei Überwinterungen muss die Mannschaft ihr festgefrorenes Schiff verlassen, und nach einer abenteuerlichen fast dreimonatigen Boots- und Schlittenreise gelangen die Männer nach Grönland.

An der 2. Grinnell-Expedition nimmt auch der Amerikaner Isaak Israel Hayes teil. Wie Kane glaubt er an ein eisfreies Polarmeer oberhalb des 82. Breitengrades und startet 1860 eine neue Schifffahrt. Seine Expedition führt ihn die grönländische Westküste entlang. Er hält den eisfreien Kennedy-Kanal als Beweis für ein beschiffbares arktisches Meer. Dennoch erweist sich die Annahmen von Kane und Hayes, dass die Temperatur zum Nordpol zunehmen und folglich dort ein eisfreies Meer sein müsste, als Trugschluss.

Im Jahre 1868 gelingt der Schwede Nils Adolf Erik Nordenskiöld von Spitzbergen aus mit seinem Schiff bis zum 80. Breitengrad. Dann versperrt das Eis auch ihm den Weg. 1872 wagt er erneut einen Nordpolvorstoß, der wieder auf Spitzbergen endet. Danach erforscht Nordenskiöld den östlichen Seeweg nach Asien, dessen Querung ihm schließlich als erster 1878/80 gelingt.

Nach den Querungen der beiden Passagen im Nordosten und im Nordwesten - Amundsen ist 1903-06 erfolgreich -  bleibt nur noch der Nordpol zu entdecken. Die wirtschaftlichen Interessen, nämlich einen kurzen Handelsweg nach Asien zu finden, geraten nun ganz in den Hintergrund. 

Die Deutschen wollen zum Nordpol

Der deutsche Kapitän Karl Koldewey aus Brücken bei Hannover erhält 1868 vom „Vater der deutschen Polarforschung", Dr. August Petermann, den Auftrag, zwischen Grönland und Spitzbergen nordwärts das 'offene Meer' zu finden und nach dem sagenhaften 'Gillisland' im Osten zu suchen. Doch das Eis lässt ihn nicht durch, und Koldewey muss sich auf meteorologische, ozeanografische und kartografische Arbeiten beschränken.

1869 organisiert Dr. August Petermann die Zweite Deutsche Nordpolarexpedition. Die Schiffe Germania unter Karl Koldewey und Hansa unter Paul Friedrich August Hegemann verlieren sich im dichten Nebel, und jedes fährt für sich nordwärts. Während Koldewey südlich der Sabine-Insel an der grönländischen Ostküste überwintert und im folgenden Sommer nach Deutschland zurückkehren kann, wird die Hansa im Eis zerdrückt und sinkt. Kapitän Hegemann und seine Besatzung können sich auf eine Eisscholle retten. Es folgt eine 1.500 Kilometer südwärts gehende Drift, die über sechs Monate dauert. Als die Eisinsel gefährlich klein wird, retten sich die 14 Hansa-Leute in die drei übrig gebliebenen Rettungsboote. Es gelingt ihnen nach weiteren fünf Wochen in den Booten das Unglaubliche, gesund und ohne Verluste, in Friedrichsthal (Narsaq Kujalleq) oberhalb westlich von Kap Farvel endlich zu landen und in der Missionsstation der Herrnhuter Brüdergemeine Rettung zu finden. 

Sturm und Rettung

Zwei Jahre später, 1871, kommt es zur Wiederholung der zuvor genannten Ereignisse. Der Amerikaner Charles Francis Hall erhält den Auftrag, so weit nördlich wie möglich zu reisen. Er fährt die Westküste Grönlands mit dem Schiff Polaris entlang und unternimmt eine Schlittenreise bis in den Robesonkanal. Ein offenes Meer kann er  nicht finden. Zurück an Bord stirbt Hall an einem Schlaganfall.  Dann trennt ein Sturm die 14 Seeleute an Bord der Polaria und 19 weitere, die auf einer Eisscholle davon treiben. Unter den 19 Versprengten sind dreizehn Männer, zwei Frauen und vier Kinder, eines davon ein Säugling von einem Inuit-Paar. Unter enormen Hunger und Strapazen driften die Eisgefangenen fast 200 Tage südwärts. In höchster Not werden sie durch Zufall entdeckt und von Kapitän Bartlett auf der Tigerin aufgenommen. (Mit an Bord sind auch Leutnant de Long und der Matrose Nindermann, die später an der Jeanette-Expedition teilnehmen sollen. De Long findet bei dieser Expedition 1879/82 einen furchtbaren Tod. Nindermann gehört zu den 13 Überlebenden der 33 Teilnehmer.) Die 14 bei der Polaris verbliebenen Matrosen können aus dem Wrack eine Winterhütte und zwei Rettungsboote bauen. Die Polarnacht verbringen sie zusammen mit einem Inuitstamm, der in der Nähe sein Lager aufschlägt. Im Juni 1873 brechen die Seeleute mit den beiden Booten in Richtung Süden auf. Nach drei Wochen werden auch sie von einem Walfänger gerettet.

Franz-Josef-Land schon früher entdeckt?

1872 startet die ungarisch-österreichische Expedition von Payer und Weyprecht vom Karischen Meer aus in Richtung Nordpol: Ihre nördlichste Breite ist 82°5'N. Dabei entdecken sie das Archipel Franz-Josef-Land. Ihre Rückreise wird zur Qual. Ihr Schiff, die Tegetthoff, müssen die Männer aufgeben. Mit einem Rettungsboot gelingt ihnen 1874 die Rückkehr nach Nowaja Semlja, wo sie schließlich von einem russischen Fischerboot aufgenommen werden. 

Aber ist Franz-Josef-Land bereits früher entdeckt worden? Oben im Text ist schon die 1675 unternommene Fahrt des Holländers Cornelis Roule genannt. Sechs Jahre vor Payer und Weyprecht - also 1868 - soll der norwegische Robbenfänger Nils Fredrik Rönnebeck die Inselgruppe befahren und für Norwegen in Besitz genommen haben. Das Archipel nennt er Rönnebecks Land. Die Entdeckung wird aber wegen der Fischfanggründe geheim gehalten. So gehen ihm denn auch Ruhm und Ehre verloren.

Die Briten George Nares und Albert Hastings Markham begeben sich 1875/76 auf den Spuren der Polaris und erreichen mit ihren Schiffen den Norden von Ellesmere-Land. Dort errichten sie das Winterlager Kap Sheridan und unternehmen nördliche Schlittenreisen. Markham kann dabei bis über den 83. Breitengrad vorstoßen. 

Die wohl grausigste Tragödie

1882/83 planen die Polarforscher Karl Weyprecht und Georg von Neumayer eine umfassende Beobachtung der Arktis. Daran - an dem 1. Internationalen Polarjahr - beteiligen sich elf Nationen: Deutschland (Forschungsstation im Kingua-Fjord, Baffininsel, Kanada), Österreich (FS auf Jan Mayen, Norwegen), Dänemark (FS in Godthaab, Grönland), Norwegen (FS Bossekopp im Altafjord), Finnland (FS in Sodankylä), Schweden (FS Kap Thordsen, Eisfjord Spitzbergen), Niederlande (FS auf der Waigatsch-Insel im Karischen Meer, Russland), Großbritannien (FS Rae am Großen Sklavensee, Kanada), Russland (1. FS auf der Sagastyr-Insel an der Lena-Mündung, 2. FS in der Karmakulybucht auf Nowaja Semlja), USA (1. FS Point Barrow, Alaska, 2.FS Fort Conger in der Lady-Franklin-Bay auf Ellesmere-Land) und Frankreich (FS am Kap Horn, Südamerika). 

Die nördlichste Beobachtungsstation beim 1. Internationalen Polarjahr ist die der Amerikaner unter der Leitung von Leutnant Adolphus Washington Greely. Die Amerikaner können ihre Station 1881 einrichten, sie liegt in Fort Conger in der Lady-Franklin-Bucht auf Ellesmere-Land. Alles verläuft anfangs planmäßig. Auf ausgedehnte Schlittentouren erreichen die Männer 83°30'N und betreten Pearyland auf Grönland. Doch der Weg zum Nordpol ist durch unüberbrückbare Eisbarrieren versperrt, die Männer müssen umkehren. Nach Fort Conger können in den folgenden zwei Jahren keine Versorgungsschiffe mehr vorstoßen, zu ungünstig sind die Eisverhältnisse. Unterdessen wird das Schiff der Expedition, die Proteus, vom Eis zerdrückt und sinkt. Die Verzweifelten haben kaum noch etwas zu essen. In ihrer Not versuchen die geschwächten Männer, in Richtung Süden aufzubrechen. Doch bei  Kap Sabine müssen sie erneut überwintern. Die Toten dienen nun den Hungernden als Nahrung. Völlig entkräftet werden nur noch sieben lebende Expeditionsteilnehmer 1884 von dem Schiff Thetis unter Kapitän Winfield Scott Schley gerettet, darunter Leutnant Greely. Einer der Geretteten stirbt vier Wochen nach der Rettung. Die Tragödie kostet 20 Menschen das Leben.  

Nansen vom Pol besessen

Der Norweger Fridtjof Nansen versucht, mit seinem Schiff Fram in den Jahren 1893 bis 1896 über den Nordpol hinweg zu driften. Als es ersichtlich wird, dass der Nordpol während der Drift nicht erreicht werden kann, wird Nansen vom Polfieber gepackt und beschließt, den Pol zu Fuß mit seinem Heizer Frederik Hjalmar Johansen zu erreichen. Nansen schreibt in sein Tagebuch: „Man muss den Pol erreichen, damit die Besessenheit aufhört.“ Bei 86°14'N müssen beide umkehren. So weit nördlich ist zuvor kein Mensch gewesen, und der Nordpol ist immer noch nicht erreicht.

Der Adler kommt aus der Luft

Im Jahr 1897 startet der schwedische Ingenieur Salomon Andrée, begleitet von zwei Landsmännern, mit dem Gasballon Ornen (Adler) von der westlichen Spitzbergeninsel Danskøya aus in Richtung Nordpol. Bei fast 83°N bleibt der Ballon liegen, die Hülle ist wahrscheinlich bereits beim Aufstieg beschädigt worden. Die drei Männer müssen unter harten Strapazen zu Fuß nach Spitzbergen zurückkehren und kommen dort ums Leben - sehr wahrscheinlich durch Trichinen (Fadenwürmer) verseuchtes Eisbärenfleisch. Ihre Leichen werden erst 33 Jahre später durch Zufall auf der östlichen Spitzbergeninsel Kvitøya gefunden.

Blaues Blut auf weißem Eis 

Im Juni 1899 brechen die Italiener von Norwegen nach Franz-Josef-Land auf. Führer dieser Expedition ist der spanische Königssohn und jetzige Leutnant der italienischen Marine, Prinz Ludwig Amadeus von Savoyen, Herzog der Abruzzen. Mit dem 26-jährigen Blaublüter und Sportsmann reisen u. a. die italienischen Marineoffiziere Umberto Cagni, Graf Francesco Querini und Pietro Achille Cavalli Molinelli. Nach nur 15 Tagen erreichen sie mit dem Expeditionsschiff Stella Polare Franz-Josef-Land. Dann im kommenden Winter erfrieren seiner Hoheit mehrere Finger. Damit kann er am Polvorstoß nicht mehr teilnehmen. Das Kommando bekommt Cagni. Im Februar 1900 der erste Start zum Pol, doch das Wetter ist zu schlecht. Im März der erneute Versuch. Nach gut zwei Wochen der Pol-Wanderung sollen die ersten Männer umkehren, nach vier Wochen die nächsten. So kann Cagni mit drei Kameraden und den stärksten Hunden weiter zum Pol vordringen. Am 24. April erreicht er mit fast 86°36'N einen neuen Rekord. Nansen war dem Pol 418 km nahe gekommen, Cagni aber auf 383 km - ein kleiner aber dennoch ein Triumph! Eile zur Rückkehr ist angesagt, das Wetter weicht das Eis auf und der Proviant wird knapp. Cagni erfrieren die Finger, ohne Arzt und Desinfektionsmittel muss er sich die Finger selbst amputieren. Nach der mühevollen Rückkehr Ende Juni 1900 erfahren die Männer, dass von der ersten Abteilung unter Querini, die noch in Sichtweite zu Franz-Josef-Land umgekehrt ist, jede Spur fehlt.

Eisbrecher unterwegs

Weniger der Nordpol als mehr der technische Erfolg steht bei dem russischen Hydrographen, Forscher und Admiral Stepan Ossipowitsch Makarow im Vordergrund. Er liefert die Vorlagen zum Bau des ersten Eisbrechers namens Jermak. Seine Erkundungsfahrten bringen ihn 1899 bis zu einer Höhe von 81°28'N oberhalb Spitzbergen und 1901 in das Gebiet von Nowaja Semlja und Franz-Josef-Land. Heute ist der Eisbrecher aus der Polarforschung nicht mehr wegzudenken. Mit an Bord ist auch der deutsch-baltische Zoologe und Forscher Baron Toll.

Streit in der Arktis

Der amerikanische Millionär W. Ziegler finanziert eine Expedition, die 1900 unter dem Kommando von Evelyn Briggs Baldwin von Franz-Josef-Land aus zum Pol soll. Doch das Lager spaltet sich in die amerikanischen und in die norwegischen Expeditionsmitglieder auf. Die Streitigkeiten beider Gruppen erzwingen einen Abbruch der Expedition, die Männer kehren 1901 wieder um. Jedoch kann diese Expedition das Winterlager von Nansen und Johansen von 1895/96 wieder auffinden.

Ziegler ist ebenfalls Geldgeber für die Expedition von Anthony Fiala. Dieser will 1903 auch von Franz-Josef-Land zum Nordpol aufbrechen. Doch die Männer müssen erleben, wie ihr Schiff in der Teplitzbucht vom Eis zerdrückt wird. Eine Hilfsexpedition kann die Männer nicht erreichen, sie müssen noch ein Jahr überwintern. An den Nordpolvorstoß ist nicht mehr zu denken.

Oh well, Mann...

... mögen einige Leute denken, als der deutsche Journalist Walter Wellmann 1909 im dritten Anlauf versucht, mit einem Gasballon den Pol zu erreichen. Finanziert wird das wunderliche Vorhaben von der Zeitung Chicago Record Herold. Wellmann hat bereits 1894 und 1898/99 zwei erfolglose Schlittenreisen zum Pol zu verzeichnen. Jetzt hat er den verrückten Plan, hinter seinem Gasballon einen Schlauch gefüllt mit Nahrungsmitteln herzuziehen, der Stück für Stück auf dem Weg über das Packeis herab fällt, und so den Proviant für den Rückweg zu Fuß liefern soll. Immerhin kann Wellmann 60 Kilometer nordwärts durch die Lüfte eilen, ehe eine Notlandung der fliegenden Wurst ein Ende bereitet. 

„Der Pol ist mein!“ 

Den großen Nagel - den Pol entdecken muss schließlich der Amerikaner Robert Edwin Peary. Es ist für ihn eine nationale Aufgabe, als erster Amerikaner auf dem Pol zu stehen. Das ist sein Lebensziel, welches er nun seit 23 Jahren versucht zu verwirklichen. Nansen ist ihm 1888 mit der ersten Grönlanddurchquerung zuvorgekommen. Jetzt muss er ein neues Ziel, einen Sieg vorweisen. Immerhin ist er bereits 52 Jahre alt. Aber wie er das dann geschafft hat, ist bemerkenswert. Denn seine Fußzehen hat er teilweise auf früheren Arktisexpeditionen verloren, und trotzdem schafft er unglaubliche Fußmärsche.

Zusammen mit seinem schwarzen Untergebenen Henson und den vier Inuit Etschingwäh, Sieglu, Utäh und Uquiäh steht er am 6. April 1909 am Nordpol, der in der Inuitsprache „Tigishu - der große Nagel“ genannt wird.

So berichtet er es jedenfalls in seinem Buch Die Entdeckung des Nordpols (1910). Selbst erfahrene Männer wie der Extrembergsteiger und Reisender in Sachen Eis Reinhold Messner zweifeln diesen Erfolg an: Die Marschleistung von 45 Kilometern und mehr in zwölf Stunden ist in so einem unwegsamen Gelände wie auf dem Packeis in der Arktis und mit schwerem Gepäck praktisch unmöglich. Am 6. April 1909 schreibt Peary in sein Tagebuch: „Endlich der Pol. Der Preis von fast drei Jahrhunderten. Mein Traum und Ziel seit fast zwanzig Jahren. Endlich mein!“

Der Originaltext in Pearys Tagebuch:

The Pole at last!!!
The dream prize of 3 centuries, my dream & ambition for 23 yeas. Mine at last.
I cannot bring myself to realize it. It is all all seems so simple & common place, as Bartlett said „just like every day.“ I wish Jo could be here with me to share my feelings. I have drunk her health & that of the kids from the Benedictine flask she sent me.

Zurück in Amerika hat Peary einen Gegner: Sein ehemaliger Expeditionsarzt Dr. Frederick Cook (Außerdem neben Amundsen ehemaliger Teilnehmer an der BELGICA-Expedition von Adrien de Gerlach de Gomery ins Südpolargebiet 1897-99) behauptet, den Pol fast ein Jahr vor ihm, am 21. April 1908, erreicht zu haben. Cook schreibt am Nordpol in sein Tagebuch: „Nichts wundervolles; kein Pol; Meer unbekannter Tiefe.“

In der darauf entbrennenden Presseschlacht, wo es nur noch um die Auflage und nicht mehr um die Wahrheit geht, wird Cook wegen seiner angeblichen Erstbesteigung des Mt. McKinley 1906 in Alaska als Lügner entlarvt, weil seine damaligen Begleiter diesen vermeintlichen Gipfelsieg als Schwindel beschwören. Auch berichten die beiden Inuit Etukischook und Ahwelah, die Cook bei seinem Polmarsch begleitet haben, sie seien die ganze Zeit immer in Sichtweite zum Land marschiert... 

In einer späteren Rechtfertigung wirft Cook den beiden Bergsteigern auf der ominösen Mt. McKinley-Besteigung vor, sie hätten „mehr als dreißig Silberlinge“ für ihren schäbigen Verrat genommen, von wem auch immer. Auch sagt Cook, er habe den beiden Inuit bei der Polerstürmung Wolkenbildungen am Horizont als Land gedeutet, weil sie sonst nicht mehr weiter mit gegangen seien.

Flucht

Zum Lügner abgestempelt muss Cook sogar aus Amerika fliehen. Peary wird zum erklärten Sieger im Wettrennen zum Pol. Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten Theodor Roosevelt (Amtszeit 1901 - 1909) schreibt ihm im Vorwort zu seinem 1910 erschienenen Nordpolbuch: „(...) Kommandeur Peary hat alle Bewohner der zivilisierten Welt zu seinen Schuldnern gemacht.“ Doch der amtierende US-Präsident William Taft telegrafiert Peary zurück: „Ich weiß wirklich nicht, was ich mit dem Nordpol anfangen soll...“

War Henson der Erste?

Ist es vielleicht doch sein Diener Matthew Henson gewesen, der zuerst auf dem Dach der Welt gestanden hat? Ein Interview mit dem schon 88-jährigen Henson erscheint elf Jahre nach seinem Tod 1966 im Maiheft von American History Illustrated. Darin schreibt Autor Robert Fowler, Henson hätte ihm folgendes erzählt: „Ich hatte mein Iglu fertig gebaut, als Peary eintraf. Ich sagte zu ihm: Ich denke, ich habe die Marke [den Pol] um zwei Meilen überrannt. Ich denke, ich bin der erste, der ganz oben auf der Welt sitzt [the first man to sit at the top of the world]. Was? sagte er [Peary], und dann: Wir werden es morgen sehen.“

Der Nordpol und Terra-X

Eindrucksvoll untersucht die ZDF-Sendereihe Terra-X in einem Film von Simone Schillinger und Mira Thiel im Jubiläumsjahr 2009 mit der Folge Die Nordpolverschwörung die Fakten der Nordpoleroberung mit aktuellen Mitteln und Wissen. Sie kommen zur Folgerung, Cook habe den Nordpol nicht erreicht und Peary könne den Pol erreicht haben.

Die Berichte von 1908 und 1909 werden mit Hilfe von heutigen Experten und modernster Computertechnik untersucht und belegt. Ein Kronzeuge ist der Abenteurer und Autor Tom Avery, der 2005 mit einer nachgebauten Peary-Ausrüstung den Nordpol in knapp 37 Tagen, also sogar vier Tage schneller als Peary, erreicht haben will. Der zweite Kronzeuge, der Bibliothekar des Montgomery College, USA, Robert M. Bryce, gibt vor, Cook könne gar nicht am Nordpol gewesen sein.

Allerdings lässt sich der Hauptpunkt seiner Argumentation in dem Film, die von Peary auf Grönland versteckten Cook-Tagebücher seien gefunden worden, nicht wirklich belegen. Plötzlich kommen die seit hundert Jahren vermissten und im offenen Gelände versteckten Bücher zum Vorschein. Wie, wo und unter welchen Umständen wird nicht erwähnt. (Wer mit nachweislichen Informationen zum Tagebuchfund auf Grönland weiterhelfen kann, ist hier herzlich willkommen!)

Seit den 1980Ern recherchiert Bryce angeblich in den Nachlässen der beiden Poleroberer. Aber er stellt Behauptungen auf, die sich nicht wirklich belegen lassen.

Auch gibt es in der Terra-X-Sendung keinerlei Belege und bis heute (2018) keinerlei Hinweise zu diesem eigentlich sensationellen Fund der Tagebücher, wenn er denn stimmt.

Der dritte Kronzeuge in dieser Terra-X-Sensdung ist Dr. Manfred Wiggenhagen von der Universität Hannover, Institut für Photogrammetrie und GeoInformation. Er kann Pearys angebliche Poleroberung durch Schattenwürfe und Sonnenstand auf etwa 111 Kilometer um den nördlichsten Punkt mittels aufwendiger Computertechnik eingrenzen.

Dennoch bleiben viele Fragen offen.

Die Reihe Terra-X, immerhin von allen deutschen Fernsehzuschauern über die Gebühren mitfinanziert, scheint es in dieser Folge mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Lässt sich das ZDF auf Gebührenkosten für eine offensichtliche Lügenkampagne vor einen amerikanischen Karren spannen? Eine Email-Anfrage seitens der nordlandseite mit der Bitte um Belegen für den Tagebuch-Fund blieb unbeantwortet. Bis heute wird die Terra-X-Sendung im Online-Stream (3,99€ einmalig/9,99€ dauerhaft) über Amazon vertrieben.

Der Umweg zum Nordpol heißt Südpol

Zur gleichen Zeit bricht der Norweger Roald Amundsen ebenfalls in Richtung Nordpol auf. Unterwegs erreicht ihn die Nachricht, dass der Nordpol erobert sei. Amundsen reagiert sofort, lässt den Nordpol als Ziel fallen und nimmt den Südpol ins Visier. Im Wissen um die zeitgleiche Expedition des Engländers Robert Falcon Scott zum Südpol argumentiert Amundsen: „Die englische Forschungsreise war vollständig zu wissenschaftlichen Untersuchungen unternommen. Der Pol war bei ihr nur Nebensache, während mein erweiterter Plan in erster Linie dem Pol galt.“ Amundsen erreicht den Südpol am 14. Dezember 1911, Scott am 17. Januar 1912. Der Engländer und seine vier Begleiter sterben auf dem Rückweg.

Der erste motorisierte Arktisflug

Zwar nicht den Nordpol, aber die zu dem Zeitpunkt noch verschollene Sedow-Expedition im Visier hat der junge polnische Marineflieger in russischen Diensten Jan Nagurski. Mit dem französischen Schwimmer- Doppeldecker Maurice Farman (70 PS), startet Nagurski am 21. August 1914 von Nowaja Semlja aus zum Kap Borissow, wo er in einer Bucht wässert. Das waren die ersten 450 Flugkilometer in der Arktis! Dieser Flug dauerte vier Stunden und zwanzig Minuten. Es folgen vier weitere Flüge mit einer Gesamtleistung von über 1.100 Flugkilometern - bis die Nachricht eintrifft, dass das Schiff der Sedow-Expedition gesichtet worden sei.

Bei seinen elf arktischen Flugstunden gelangt Nagurski bis zur Pankratjew-Insel nördlich von Nowaja Semlja, wo er eine leere Hütte, Tagebuchaufzeichnungen und einen Bericht an das russische Marineministerium findet, hinterlassen von der Sedow-Expedition.

Der Flieger Amundsen

Amundsen unternimmt nach der Niederlage im Wettrennen, der Erste am Nordpol zu sein, 1923 einen weiteren Vorstoß von Alaska aus. Nach der Durchquerung der Nordostpassage mit der Maud versucht Amundsen, mit dem Junker-Flugzeug Elisabeth den Pol zu erreichen. Doch schon beim Probeflug zersplittert das Fahrgestell, das Flugzeug kann nicht mehr repariert werden, zwei Jahre Vorbereitung sind umsonst. Aber Amundsen ist weiter vom Nordpol besessen.

Schweizerisch-Deutsche Flüge bis fast 83 Grad

Die Eissphinx findet keine Ruhe mehr, schon wieder dröhnen Flugzeugmotoren über ihrem Gebiet. Um Amundsen bei seinen vergeblichen Flugbemühungen bei der Maud-Expedition zu unterstützen, soll auf Spitzbergen ein Treibstoffzwischenlager eingerichtet werden. Mit dabei sind u. a. der Schweizer Alpenflieger Walter Mittelholzer und der deutsche Pilot Arthur Neumann. Zwischen dem 3. und 15. Juli 1923 fliegen sie mit dem Flugzeug Eisvogel, eine Junkers F13, fast bis zum 83. Breitengrad, so nördlich wie kein Flugzeug zuvor. Dabei können weite Teile Nordspitzbergens wissenschaftlich erfasst werden.

Byrd fliegt über Grönland

Organisiert wird diese US-Expedition von Donald Baxter MacMillan, geführt wird sie 1925 von dem Piloten Richard Evelyn Byrd. Damit rückt er Amundsen schon gefährlich auf die Pelle. Das Ziel der Expeditionsteilnehmer ist Etah im Norden Grönlands. Dort werden drei Doppeldecker vom Typ Loening entladen und flugfertig gemacht. An den Flügen nehmen die Piloten Shur und Reber sowie Floyd Bennett teil. Doch die Expedition steht unter keinem guten Stern. Ein Flugboot wird auf Ellesmere-Land zerstört, ein anderes fällt einem Brand zum Opfer. Byrd kann mit dem dritten Flugboot über weite Teile Grönlands fliegen und überquert das Eiskap. Wegen der Pechsträhne wird die Expedition am 19. August 1925 abgebrochen.

 

[Die nachfolgenden Bilder entstanden bei Überfliegen des Punktes 90°N aus einigen hundert Metern bis etwa 3.000 Metern Höhe.]
 
Das Eis in der Nähe des Nordpols
am 1. Mai 2017

(Diesmal war die Wolkendecke am Pol zu stark. Dieser letzte Blick auf das Packeis gelang auf 88°14' )

 
Das Eis am Nordpol am 23. April 2016

(Links oben im Bild sind die Zelte der zeitgleichen neuseeländischen Bayly-Expedition zu erkennen. Mehr in der Reportage über den 2016er Nordpolflug.)

 
Das Eis am Nordpol am 25. April 2015
(Wenn Sturm und Nebel einen besseren Blick zugelassen hätten.)

 
Das Eis am Nordpol am 27. April 2013

 
Das Eis am Nordpol am 5. Mai 2012

 
Das Eis am Nordpol am 1. Mai 2010

 
Das Eis am Nordpol am 1. Mai 2009

 
Das Eis am Nordpol am 1. August 2008

 
Das Eis am Nordpol am 1. Mai 2008

 
Das Eis am Nordpol am 1. Mai 2007

 
Das Eis am Nordpol am 25. Juni 1977*

 
Fotos: Th. Bujack, nordlandseite.de,
 *Foto 1977: Hans-Dieter Zehelein

 

[Die Bilder vom Nordpol - bis auf das von 1977 -  können durch Anklicken in einer größeren Auflösung  heruntergeladen und dürfen nur unter Namensnennung und Belegexemplar für nichtkommerzielle Zwecke honorarfrei verwendet werden!]

 

 
 

 

Flugzeuge erreichen den Pol

Im Mai 1925 startet der Norweger mit der Adlernase, begleitet von dem amerikanischen Millionär Lincoln Ellsworth, zwei Piloten und Mechanikern mit den zwei Dornier-Wal-Flugbooten N24 und N25 von Spitzbergen in Richtung Nordpol. Doch 251 Kilometer vor dem Pol auf 87 Grad und 43 Minuten müssen die Flugboote notlanden, wobei eines zerstört wird. In einer abenteuerlichen, fast vierwöchigen Aktion gelingt es den sechs Männern in einem Flugzeug wieder nach Spitzbergen zurück zu kehren, wo sie mit den letzten Tropfen Sprit landen können. Amundsen hat den Nordpol immer noch nicht erreicht.

Ein Jahr später startet Amundsen erneut mit Ellsworth und dem italienischem General Umberto Nobile in dem Luftschiff Norge zum Nordpol. Doch wenige Tage vor ihrem Start fliegt der Amerikaner Richard Byrd mit seinem Piloten Floyd Bennet von Spitzbergen aus in Richtung Nordpol. Nach 15 Stunden und 30 Minuten kehren die Beiden am 9. Mai 1926 zum Kongsfjord zurück und lassen sich als Pol-Eroberer feiern. Doch angesichts der Windverhältnisse und der bekannten Durchschnittsgeschwindigkeit des Fokker-Flugzeugs Josephine Ford erscheint auch der Erfolg dieser Expedition mehr als fragwürdig. War wirklich schon Jemand am Nordpol?

Millionäre am Nordpol

Am 11. Mai 1926 hebt die Norge von Spitzbergen aus ab und erreicht den Nordpol nach 16 Stunden und 40 Minuten. Es werden die norwegische, amerikanische und italienische Flagge abgeworfen. Eine wichtige Erkenntnis der Norge-Expedition ist, dass in der Nähe des Pols kein Festland existiert, wie es einigen Geografen vermuteten. 

Mit an Bord der Norge ist auch Oscar Wisting. Er begleitete Amundsen schon zum Südpol und durch die Nordostpassage. Er und Amundsen sind die ersten Menschen, die an beiden Polen gewesen sind.

Der Kapitän der Norge, der schmächtige Italiener Umberto Nobile, fühlt sich von Ellsworth und Amundsen in den Hintergrund gedrängt. Dieses Luftschiff hat er gebaut. Nun trägt es den Namen Norge, da es Amundsen und Ellsworth gekauft haben. Nobile ist eingeschnappt. Zwischen ihm und Amundsen wächst eine Feindschaft. Mit allen Mitteln erreicht Nobile, dass er mit dem Schwesterschiff der Norge - der Italia - zwei Jahre später wieder zum Nordpol starten kann. Diesmal soll es ein rein italienischer Erfolg werden!

Deutsche Fantasien

1926 will auch der deutsche Journalist und Reserveoffizier Theodor Lerner zum Nordpol. Lerner hat Arktiserfahrung als Leiter der Helgoland-Expedition 1898 gesammelt. Ein Jahr später machte er wieder Schlagzeilen, als er erfolglos versucht, die Bäreninsel für Deutschland zu annektieren. Außerdem bringt er sich 1913 bei der Suche nach der Schröder-Stranz-Expedition ein. Auch mit Nansens Gefährten Frederik Hjalmar Johansen (s. o.) wagt er sich auf Wanderungen über Spitzbergen. Einmal sogar so, dass Johansen der Kragen platzte und kurzerhand die Tour abbrach. Lerner wurde damals zur arktischen Lachnummer.

Jetzt will Lerner von der Küste Sibiriens über Nikolaus-II-Land zum Nordpol geflogen sein. Aber keine Bestätigung, keine Beweise, keine Zeugen. Lerner - ein Luftikus!

Wilkins' und Eielsons erster Versuch (1/3)

In Point Barrow stehen die nächsten Flugzeuge für die Arktis. 1926 wollen George Hubert Wilkins und Carl Ben Eielson mit den zwei Fokker-Eindeckern Alaskan (ein Motor) und Detroiter (drei Motoren) Polarflüge unternehmen. Dabei bleibt die schwere Detroiter im Schnee stecken, und der Propeller erschlägt einen Reporter. Die Alaskan sackt bei der Landung ein. Die Reparatur der beiden Maschinen verschlingt zuviel Zeit, Wilkins bleibt nur noch der kurze Flug über die Beaufortsee bis zum 74. Breitengrad.

Wilkins' und Eielsons zweiter Versuch (2/3)

Wilkins und Eielson stehen 1927 wieder in Point Barrow am Start. Diesmal soll ein Stinson-Doppeldecker die beiden nach Etah in Nordgrönland bringen. Doch ein Motorschaden zwingt die beiden Piloten zur Notlandung auf dem Eis. Ihre Position ist 77°45'N und 175°W, unter ihren Füßen messen sie per Echolot eine Wassertiefe von 5.440 Metern. Der kaputte Motor zwingt sie zur Umkehr, doch wegen Benzinmangels müssen sie erneut notlanden. Ihr Ziel ist es jetzt die Handelsstation Beechy Point. Erst wütet ein fünftägiger Schneesturm, dann müssen sich die Männer dreizehn Tage auf dem driftendem Eis bis zur rettenden Station quälen.

Lustflüge

Ebenfalls 1927 sind der deutsche Pilot Wichmann und der Däne (?) Fredreksen mit einem Flugzeug auf Spitzbergen unterwegs. Die Flüge dürften allenfalls sportlichen Charakter gehabt haben. Es ist ungeklärt, ob die beiden den Weg zwischen Norwegen und Spitzbergen und zurück in der Luft zurück gelegt haben. Nur durch private Grußpostkarten mit dem Handstempelaufdruck Fredreksen-Wichmann Polarflug 1927 ist diese Expedition überhaupt bekannt geworden.

Wilkins' und Eielsons dritter Versuch (3/3)

Es ist 1928, wieder Point Barrow, wieder Wilkins und Eielson. Diesmal ist ein Lockhead-Vega-Hochdecker mit dem Namen Los Angeles das Flugobjekt. Am 16. April starten die beiden Männer in Richtung Spitzbergen. Nach dreizehn Stunden erreichen sie Grant-Land im Nordosten von Grönland. Schneetreiben zwingt sie kurz vor ihrem Ziel Green Harbour auf Spitzbergen zur Notlandung. Dort müssen sie fünf Tage in der engen Kabine ausharren, bis das Wetter aufklart. Nach einem abenteuerlichen Start und kurzem Flug erreichen sie endlich am 20. April Green Harbour. Jubel, der Flug ist geschafft! Damit haben sich Flugzeuge als Reisemittel in der Arktis endgültig bewährt. Eielson stirbt ein Jahr später bei einer Rettungsaktion für das eingefrorene Schiff Nanuk südlich der Wrangel-Insel.

 

Sinkflug eines Airberlin-Airbus 330-220 wenige hundert Meter über dem Packeis.  Das Eis am Nordpol am 1. August 2008.

(Foto: Th. Bujack, nordlandseite.de)

 

Das Italia-Drama

Am 24. Mai 1928, kurz nach Mitternacht, erreicht das Luftschiff Italia den Nordpol. Endlich hat der Italiener Umberto Nobile mit einem italienischem Luftschiff den Pol erreicht. Doch der Rückweg wird zum Drama: Die Italia macht eine Bruchlandung auf dem Eis. Die Führergondel und die Heckmotorengondel krachen auf das Eis. Die Hülle, jetzt leichter, schießt mit den restlichen sechs Besatzungsmitgliedern wieder in die Höhe. Von ihnen findet man später keine Spur mehr. Die übrigen abgestürzten Überlebenden befinden sich rund 60 Meilen nördlich von Spitzbergen in der Nähe der Foyn-Insel. Ein rotes Zelt, welches mit aus der Italia geschleudert wurde, dient ihnen in der nächsten Wochen als Unterkunft.

An der Rettungsaktion nehmen 18 Schiffe, 22 Flugzeuge und 1500 Männer aus sechs Ländern teil, unter ihnen auch Amundsen. Allerdings sind die Anstrengungen Italiens zur Bergung der havarierten Männer nicht besonders intensiv. Das zur Bodenmannschaft gehörende Schiff, die Citta di Milano auf Spitzbergen schickt über Funk Grüße nach Italien und beruft sich darauf, ohne Order aus Rom nicht mehr machen zu können. Der Rettungsbefehl aus Rom bleibt aus.

Der italienische Staatschef Mussolini betrachtet Amundsen wegen des Streits zwischen dem norwegischem Polarforscher und dem italienischen General auf der Norge-Expedition als erklärten Feind Italiens. Die norwegische Rettungsexpedition wird statt von dem berühmten Polarforscher schließlich von Hjalmar Riiser-Larsen geleitet.

Amundsen, tief gekränkt, bietet der französischen Rettungsexpedition seine Hilfe an und startet mit dem für die arktischen Verhältnisse wenig geeignetem Flugzeug Latham nach Spitzbergen. Mit dem französischem Piloten Kapitän Guilbaud, Leif Dietrichson und drei weiteren Franzosen hebt Amundsen am 18. Juni 1928 von der norwegischen Stadt Tromsø ab. Keiner sieht sie je wieder. Irgendwo zwischen der norwegischen Küste und Spitzbergen sind sie verschollen. 

Bei der weiteren Rettungsaktion lässt sich Nobile zuerst von dem schwedischen Piloten Lundberg retten, der am 23. Juni am roten Zelt landen kann. Lundberg ist 32-jährig und kämpfte in drei Kriegen mit. Er weiß, dass er Nobile zuerst retten muss, damit er Ruhm und Ehre bekommt. Er redet, ja, er schreit Nobile an, sofort mit zu kommen; er müsse von Spitzbergen die weitere Rettungsaktion leiten. Der schwer verletzte, durch Knochenbrüche bewegungsunfähige Nobile lässt sich von Lundberg überzeugen. Auch die anderen sind der Meinung, Nobiles sofortige Anwesenheit auf Spitzbergen sei allen von Vorteil. Zudem ist Nobile mit 58 Kilogramm wesentlich leichter als sein ebenfalls schwer verletzter Kamerad Cecioni mit 103 Kilogramm. Lundberg argumentiert, er könne Cecioni wegen seines schweren Körpergewichtes gar nicht mitnehmen. Er würde seine Maschine bei nächsten Flug extra erleichtern; außerdem sei alles nur eine Sache von wenigen Stunden, bis er den nächsten Rettungsflug starte. Doch beim zweiten Flug überschlägt sich die Fokker des Schweden bei der Landung auf dem Eis, wahrscheinlich weil sie zu leicht ist. Lundberg kann sich zum Glück unverletzt zu den anderen Überlebenden auf dem Packeis in Sicherheit bringen. Erst der sowjetische Eisbrecher Krassin kann am 12. Juli die restlichen sieben Überlebenden vom Eis aufnehmen.

Bei dem vorher gestartetem Versuch dreier Italia-Überlebender, Spitzbergen zu Fuß zu erreichen, stirbt der Schwede Finn Malmgren. 

Nobile gerät nun ins Kreuzfeuer der Kritik, dass er sich als erster hat bergen lassen. Diese Kritik, initiiert und forciert von der Mussolini-Propagandamaschine, schwingt immer mit, bis zu seinem Tod im Jahre 1978, wo er 93-jährig in Rom stirbt.

Graf Zeppelin und seine Zeppeline

Ein deutsches Luftschiff, die Graf Zeppelin, bläht sich in der Arktis auf. Nach einer arktischen Erstfahrt 20 Jahre zuvor startet am 8. Juli 1930 die fliegende Zigarre von Deutschland aus. Mit an Bord ist Walter Mittelholzer; organisiert wird diese Touristenfahrt vom Schweizer Automobilclub; der Leiter ist Dr. Hugo Eckener. Die Touristengruppe kann Spitzbergen erreichen, aber schlechtes Wetter zwingt Eckener zur Rückkehr.

Ein Jahr später startet das Luftschiff LZ-127 Graf Zeppelin wieder in Richtung Arktis. Die Aeroarctic-Expedition wird wieder von Dr. Hugo Eckener geführt. An Bord sind diesmal viele internationale Wissenschaftler. Erkundet werden soll das Gebiet zwischen Franz-Josef-Land und den nordsibirischen Inseln. Ein Augenmerk der Wissenschaftler ist auf die Untersuchung der Luftverschmutzung in der Arktis gerichtet. An der Hookerinsel kommt es am 27. Juli 1931 zu einem denkwürdigem Zusammentreffen zwischen dem Zeppelin und dem russischen Eisbrecher Malygin unter Kapitän D. T. Tschertkow. Das Luftschiff fährt weiter zu der Inselgruppe Sewernaja Semlja; dabei werden mehrere neue Inseln entdeckt. Schlechtes Wetter aber nötigt die Luftschiffer zur Streckenänderung. Am 30. Juli 1931 erreicht das Luftschiff den Flugplatz Tempelhof in Berlin.

Mit der Nautilus unter's Eis

Sir Georg Hubert Wilkins hat sich bereits als Polarflieger einen ganz vorderen Platz in der Arktiserforschung gesichert.  Im Juni 1931 hat er andere Pläne, er will mit einem U-Boot unter der Eiskappe zum Nordpol. Ursprünglich stammt diese Idee von Hermann Anschütz-Kaempfe (1872-1931), dem Erfinder des Kreiselkompasses. Für seinen Plan kann Wilkins das alte amerikanische Marine-U-Boot O-12, das den Namen Nautilus trägt, nutzen. Das Geld für das risikoreiche Unternehmen bekommt er u. a. von dem Millionär, Arktisreisenden und Amundsen-Freund Lincoln Ellsworth sowie von dem Verleger William Randolph Hearst. Das tauchende Arktislaboratorium verlässt unter dem Kommando von Sloan Danenhower den Hafen von Bergen in Richtung Nordpol. Wilkins erreicht nördlich von Spitzbergen die Position auf 81°59'N und 17°30W'. Das U-Boot verliert sein Tiefenruder und kann folglich seine Tauchfahrt nicht mehr fortsetzen. Die Mannschaft, darunter H. U. Sverdrup und B. Villinger als Physiker sowie F. M. Soule als Ozeanograph, kann den Isfjord auf Spitzbergen erreichen. Dennoch ist damit die Wilkins-Ellsworth Trans-Arctic Submarine Expedition vorzeitig beendet. Jedoch kann Wilkins durch Tiefenmessungen die Auswirkungen des Golfstroms auf das europäische Wetter nachweisen. Am 20. November 1931 wird die Nautilus unbemannt in einem Fjord nahe dem norwegischen Bergen versenkt. Das Wrack liegt heute in 343 Metern Tiefe 

Die Sowjets am Pol

1936 unternimmt der russische Kommandant Pawel G. Golowin in Staatsauftrag mit dem Flugzeug N-166 einen Aufklärungsflug zum Nordpol. Es geht um die Vorbereitung einer wissenschaftlichen Driftstation im Eisgebiet des Nordpols. Es soll das Wetter geprüft und Landungsmöglichkeiten geklärt werde. Am 5. Mai 1936 um 16.23 Uhr meldet von Bord der Funker N. N. Stromilow: Die ersten fünf Sowjetbürger über den Nordpol!

Aber nicht nur über dem Eis des Nordpols sondern ein Jahr später auch darauf! Vielleicht sogar die ersten Menschen die auf dem Nordpol stehen?! Denn am 21. Mai 1937 wird auf dem Punkt 89°41'N und 87°W (eine andere Quelle nennt 89°25′N und 78°40′W) eine russische Forschergruppe unter der Leitung von Iwan Dmitrejewitsch Papanin von mehreren ANT-6 und einer ANT-7 abgesetzt. Die erste Driftstation am Nordpol ist eingerichtet. Die weitere Besatzung besteht aus dem Hydrobiologen Pjotr P. Schirschow, dem Geophysiker und Meteorologen Jewgeni E. Fedorow und dem Funker Ernst T. Krenkel. In Zelten mit Funkstation arbeiten die vier Männer auf dem Packeis 274 Tage und legen dabei eine Strecke von 2075 Kilometer bis zur Ostküste Grönlands zurück. Dort wird die Eisscholle immer kleiner; die Männer der Driftstation Nordpol-1 werden schließlich von den Eisbrechern Taimyr und Murman gerettet. Dennoch endet diese Expedition mit einer Tragödie. Denn von der Kolahalbinsel soll das halbstarre Luftschiff USSR W 6 zur Rettung der vier Männer nach Grönland fliegen. Doch das Luftschiff wird beim Start durch einen Sturm zerstört, wobei dreizehn Männer sterben. Papanin und seine Männer können während ihrer Drift viele wissenschaftliche Beobachtungen machen. Bis 1991 werden 30 weitere sowjetische Driftstationen in der Arktis folgen. In den Jahren 1938 bis 1946 ist Papanin der Hauptkoordinator für die Nordostpassage. Zuvor leitete er Polarstationen auf Franz-Josef-Land (1932/33) und Kap Tscheljuskin (1934/35). Er verstirbt 1986 im Alter von 91 Jahren in Moskau.

Ein Jahr später knattert es wieder über dem Pol. Diesmal fliegen der russische Pilot Waleri Pawlowitsch Tschkalow, sein Kopilot Georgi Filippowitsch Baidukow und der Funker Aleksander Wassiljewitsch mit einer einmotorigen Maschine vom Typ ANT-25 über den großen Nagel. Ihre Strecke führt über Franz-Josef-Land über den Nordpol, den sie am 19. Juni 1937 passieren. Nach einer Flugzeit von 59 Stunden und 20 Minuten landen die Männer bei Portland/Oregon in den USA. In San Francisco werden die erfolgreichen russischen Flieger von Präsident Roosevelt empfangen.

Der Fluglärm ist kaum abgeklungen, da rauscht schon wieder eine ANT-25 über 90 Grad Nord. Diesmal sind es Pilot Michail Michailowitsch Gromow mit Andrei Jumaschew und Sergei Danilin in ihrer Triumph. Ihr Flugweg beginnt am 12. Juni 1937 auf dem Flugplatz Schelkovo bei Moskau und führt über Nowaja Semlja und Franz-Josef-Land zum Pol. Von dort soll es weiter gehen bis zum 50. Breitengrad bis San Diego in Kalifornien. Doch 120 Kilometer vor dem Ziel geht ihnen der Sprit aus. Mit einer Nonstop-Flugzeit von 62 Stunden und 17 Minuten und 10.148 Flugkilometern stellen die drei russischen Flieger dennoch eine neuen Langstreckenweltrekord auf.

Neun Jahre nach dem Italia-Inferno vor Spitzbergen und ein Jahr nach Luftschiffkatastrophe auf der Kolahabinsel mit dreizehn Toten bahnt sich wieder ein Drama in der Arktis an. Vom Nordpol her kommend steuert der sowjetische Pilot Sigmund Lewanewski Fairbanks in Alaska an, um dann weiter nach New York zu fliegen. Neben ihm sitzen in der viermotorigen N-209 die Flieger N. Katanejew, V. Lewtschenko, G. Popeschimow, N. Godowikow und N. Galkowski. Nachdem die Maschine am 12. August 1937 den Nordpol bei starkem Gegenwind in einer Höhe von 6.000 Metern passiert hat, schickt der Funker die Meldung, dass die Tragflächen leicht vereist seien. Der nächste Funkspruch berichtete von einem Ausfall eines Motors auf der rechten Seite und dass der amerikanische Kontinent erreicht sei. Danach bleibt es stumm im Äther, von Lewanewski und seinen Männern kein Lebenszeichen mehr. Irgendwo zwischen 82° und 85°N und 146° und 151°W sind sie vermutlich abgestürzt. Wobei diese Angaben irritieren, weil oberhalb von 83° 40' (Kap Morris Jesup / Grönland) kein Land mehr ist. Sofort startet der amerikanische Flieger George Hubert Wilkins mit vier anderen Männern zu Rettungsflügen. Der russische Flieger A. Grazianski überfliegt die Nordwestterritorien und ist bis Ende Oktober auf der Suche. Auf Franz-Josef-Land wird wegen der Suche der Flugplatz weiter ausgebaut (Kronprinz-Rudolf-Land). Dort werden auch Nachtflug taugliche Maschinen stationiert. Aber für eine intensive Suche ist das Wetter zu schlecht, nur Pilot Michail Wodopjanow kann über den Nordpol bis 88°33'N und 122°W gelangen. Jedoch findet auch er keine Spur der verschollenen Lewanewski-Gruppe. Doch trotz der gesamten ca. 63.000 Flugkilometern aller beteiligten Suchteams in der Arktis finden sich keinerlei Spuren, Trümmer oder Lebenszeichen von der N-209.

Autogyro

An der Lewanewski-Suche beteiligt sich u. a. auch die meteorologische Expedition von Clifford J. MacGregor. Das Winterlager von 1937/38 liegt bei Etah auf Grönland. Bemerkenswert ist dabei, dass die Amerikaner hier zum ersten Mal ein Autogyro für ihre Forschungen und Suche in der Arktis einsetzen. Mit diesem Windmühlenflugzeug - ein Zwitter aus Flugzeug und Hubschrauber, auch Tragschrauber genannt - und einer einmotorigen Waco überfliegt die Expedition Nordgrönland und Ellesmere-Land, jedoch ohne etwas von Lewanewski zu finden.

Unfreiwillige Eisdrift

Und das Eis ist stärker... 1937 steuert der sowjetische Eisbrecher Sadko das Gebiet zwischen Sewernaja Semlja und den Neusibirischen Inseln an. Die Hauptaufgabe der Wissenschaftler unter der Leitung von R. L. Lasarewitsch, W. J. Wiese und N. Ewgenow an Bord ist es u. a. herauszufinden, ob und wie die sibirische Nordroute für die Schifffahrt genutzt werden kann. Ziele der Expedition sind die Henriette-Insel, die Shorow-Insel und die Jeanette-Insel. Über Tiksi fährt der Eisbrecher nach Archangelsk zurück und erhält dort den Auftrag, notleidenen Schiffen in der Nordostregion zu helfen. Doch die Sadko wird selbst zum Opfer im Eis, am 23. Oktober 1937 gerät das Schiff in der Nähe der Neusibirischen Inseln bei 75°17'N und 132°28'E in Eisgefangenschaft. Doch auch zwei weitere sowjetische Eisbrecher, die Georgi Sedow und die Malygin, die bei den Neusibirischen Inseln Vermessungsarbeiten durchführen, werden in nächster Nähe der Sadko vom Eis fest gehalten. Eine abenteuerliche, eine unfreiwillige Eisdrift beginnt. An Bord der drei Schiffe sind insgesamt 217 Besatzungsmitglieder. Untätig müssen sie erleben, wie das Eis ihren Kurs bestimmt. Endlich im April 1938 können Rettungsflugzeuge einen Großteil der harvarierten Mannschaften ausfliegen. Doch erst am 28. August 1938 gelingt es dem Eisbrecher Jermak auf 83°4'N und 138°22'E zwei der drei Schiffe aus dem Eis zu befreien. Die Georgi Sedow muss infolge der schweren Beschädigungen in ihrem eisigen Gefängnis zurück bleiben. Jetzt als wissenschaftliche Driftstation umfunktioniert, bleibt die Georgi Sedow noch bis zum 13. Januar 1940 in Eishaft. An Bord sind 15 Männer unter der Leitung von Kapitän K. S. Badigin und W. Ch. Buinitzki. Ähnlich wie bei der Eisdrift von Nansens Fram 1893-96 passieren die Männer einen etwas nördlicheren Kurs. Während der 812 Tage dauernden Drift werden 415 astronomische Standortbestimmungen unternommen, sowie 78 erdmagnetische Untersuchungen und 38 Tiefenbohrungen. Zwischen Grönland und Spitzbergen wird sie schließlich vom größten sowjetischen Eisbrecher Joseph Stalin endgültig befreit. Die wissenschaftliche Ausbeute ist enorm; die Georgi Sedow erhält ihren festen Platz in der arktischen Ruhmeshalle.

Ein Düsseldorfer trampt zum Nordpol

Er ist ein Teil des deutsche Wirtschaftwunders, der Düsseldorfer Weltenbummler Heinz Helfgen. Ganz Deutschland nimmt in den 1950er Jahren daran Anteil, wie er mit dem Fahrrad von Düsseldorf nach Burma fährt, verfolgt gebannt seine Geschichten im Schulfunk am Radio und in seinen Reisebüchern.

Bei seiner abenteuerlichen Reise durch Kanada nach Alaska in die Arktis entsteht bei ihm der Wunsch, bis zum Nordpol zu kommen. Der erste Deutsche, der erste Düsseldorfer am Nordpol! Wie schrieb doch schon Nansen so treffend: „Man muss den Pol erreichen, damit die Besessenheit aufhört.“

Am 9. Dezember 1955 besteigt Helfgen in Fairbanks eine amerikanische B29, die lt. Helfgen zu Wetterbeobachtungen eingesetzt wird. Achtzehn Stunden soll der Flug zum Pol und zurück dauern. Extra für den Düsseldorfer geht die Maschine am Pol von 15.000 Fuß auf 1.000 Fuß herunter: „... damit Sie Ihren geliebten Nordpol einmal genau in Augenschein nehmen können!“ 

Über seine Ankunft am Nordpol schreibt Helfgen folgendes: „... und dann - in etwa 300 m Höhe - war der Blick frei auf die von oben grauweiß im Mondschein liegenden Eisflächen. (...) der Schatten unserer B29 war gespenstisch deutlich auf dem Eis zu sehen. Wir waren über dem großen Nagel der Eskimos.".

Die U-Boote kommen 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Arktis zum Spielplatz der Weltmächte. Eine Waffenschau am Nordpol folgt. Die Amerikaner schicken nach 1931 das zweite Unterwasserfahrzeug mit dem gleichen Namen wie sein Vorgänger, das Atom-U-Boot USS Nautilus an den Packeisrand zwischen Amerika und Asien - die geheime Operation Sunshine. Von dort soll es unter dem arktischen Eisschild über den Nordpol hinweg bis in den Nordatlantik zwischen Grönland und Spitzbergen tauchen. Am 3. August 1958 erreicht die USS Nautilus den Nordpol. Kapitän William Anderson vermeldet knapp in seinem Bordbuch: „Nautilus auf 90 Grad nördliche Breite.“ Am 5. August ist damit die erste Transpolardurchfahrt aus dem Pazifik in den Atlantik geschafft. Anderson misst am Pol eine Wassertiefe von 4087 Metern.

Die genauen Instrumente der Nautilus konnten während dieser Fahrt mehr Daten über die Arktis sammeln als alle anderen Expeditionen zuvor. Diese Daten, bisher streng militärisch gehütet, sind in den letzten Jahren der Wissenschaft endlich zur Verfügung gestellt worden.

Nur neun Tage später, am 12. August 1958, taucht das Atom-U-Boot USS Skate unter dem Kommando von James F. Calvert  ebenfalls am Nordpol. Mit dabei hat Calvert die Asche des verstorbenen U-Boot-Pioniers, Arktisforschers und seines Freundes Sir Georg Hubert Wilkins. So gelangt Wilkins 27 Jahre (s. o.) nach seiner fehlgeschlagenen U-Boot-Expedition doch noch zum Nordpol.

Weitere U-Boote folgen: Die USS Sargo unter Kapitän John H. Nicholson erreicht den Nordpol am 9. Februar 1960. Die USS Seadrogon unter Kapitän George P. Steele macht auf ihrer Fahrt durch die Nordwestpassage am 25. August 1960 einen kurzen Halt auf 90 Grad Nord, und die Matrosen nutzen die Pause auf dem Dach der Welt zu einer Partie Baseball. Allerdings messen die Matrosen eine anderen Wassertiefe am Pol, die sie mit 4151,5 Metern angeben.

Als vorläufiger Höhepunkt gilt das Rendezvous der beiden U-Boote USS Skate und USS Seadragon am Nordpol, welches am 22. August 1962 statt findet.

Die Amerikaner demonstrieren damit nachhaltig, dass ihre U-Boote jederzeit an jedem Ort auftauchen können. Denn bis zum Staatsgebiet der UDSSR sind es vom Norpol aus „nur“ wenige Breitengrade.

Aber auch die Russen schicken Atom-U-Boote zum Nordpol: 1962 kreuzt die Leninski Komsomol am Dach der Welt.

Gleich drei amerikanische Atom-U-Boote treffen sich am großen Nagel am 26. April 1969: die USS Pargo, die USS Whale und die USS Skate.

1989 erneut eine Katastrophe in der Arktis. Das russische Atom-U-Boot K-278 Komsomolez sinkt am 7. April südöstlich der Bäreninsel. 42 der 69 Besatzungsmitglieder sterben bei dem Unglück. Das Wrack liegt in etwa 1.700 Metern Wassertiefe. Radioaktives Material tritt bis heute aus.

„Hoch“-Adel

In der Luft tummelt sich derweil der Adel: Am 24. Februar 1957 startet eine SAS-Linienmaschine von Kopenhagen aus, um über den Nordpol Tokio zu erreichen. An Bord der DC7C Reidnar Vicking sind u. a. Prinz Axel von Dänemark und Hjalmar Riiser-Larsen, der bei der Italia-Katastrophe als Flieger Hilfe leistete. Zeitgleich ist in Tokio eine japanische Maschine mit Ziel Kopenhagen gestartet, mit an Bord der jüngste Bruder des japanischen Kaisers. Beide Maschine begegnen sich über den Nordpol, und es werden Grußbotschaften ausgetauscht. Ein historischer Augenblick für die zivile Luftfahrt. Andere Fluggesellschaften werden diesem Polweg folgen.

Beide Pole in einem Rutsch

Am 14. November 1965 schafft eine Boing 707 einen Flug sogar zu beiden Polen. Dieses Unternehmen namens Polarkatze dient der meteorologischen Forschung in großer Höhe. Nach fast 63 Stunden landen die 30 Wissenschaftler und 10 Besatzungsmitglieder in Honolulu.

Landweg

Doch wer erreichte als erster Mensch den Nordpol über den Landweg, wenn es Cook und Peary nicht waren? Erst am 6. April 1969 kann der britische Polarforscher Sir Wally Herbert die Flagge am Pol ins Packeis schlagen - genau auf den Tag 60 Jahren nach Pearys vermeintlichen Polerfolg. Der Brite ist mit seinen Gefährten Allan Gill, Kenneth Hedges und Roy Koerner von Point Barrow, Alaska, aus gestartet und erreicht nach 467 Tagen mit Spitzbergen die entgegen gesetzte Seite des Nordpolarbeckens.

Ein Jahr vor Herbert, am 19. April 1968, ist der Amerikaner Ralph Plaisted mit seinen drei Begleitern Jean-Luc Bombardier, Walt Pederson und Jerry Pitzl mit Motorschlitten erfolgreich am Nordpol. Ein amerikanisches Wetterflugzeug der US Army bestätigt mit einem Überflug am Nordpol das erste Erreichen des Pols auf Meeresspiegelnivau.

Der VDI am Nordpol

1977 werden zwei Passagierflüge mit Ausflugscharakter von Frankfurt aus zum Nordpol gemacht. Der erste Flug startet am 25. Juni 1977 und dauert 11 Stunden und 20 Minuten. Die Gäste sind auf Einladung des Verein Deutscher Ingenieure (VDI) an Bord der B707 der Lufthansa. Flugkapitän Hans-Dieter Zehelein erreicht um die Mittagszeit den Pol und kann zwei Runden über dem Packeis drehen. Der zweite Flug startet eine Woche später, diesmal mit Flugkapitän Werner Passarge. Danach stellt die Lufthansa ihre Nordpolambitionen ein. Die beiden Flüge geraten in Vergessenheit.

Und wieder beide Pole in einem Rutsch!

Nach dem erfolgreichen Unternehmen Polarkatze in 1965 (s.o.) wagt 1977 die amerikanische Fluggesellschaft Pan Am einen neuen Rekordversuch im Überfliegen von Nordpol und Südpol. Die transpolare Expedition dauert genau 54 Stunden, 7 Minuten und 12 Sekunden.

Nur drei solcher Flüge haben jemals am Geschwindigkeitsrekord der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) für eine derartige Weltumrundung teilgenommen.

Atomeisbrecher

Der sowjetische Atomeisbrecher Arktika ist am 17. August 1977 das erste Schiff am Nordpol. Die Teilnehmer feiern ihren Erfolg gebührend auf dem Eis.

Der erste Alleingang mit GPS-Sender

Auch 1978 ist richtig was los am Nordpo! Der Japaner Naomi Uemura startet am 5. März mit einem Hundeschlitten von Ellesmere-Land gen Pol. Den kann er nach etwa 1.000 Kilometern am 5. Mai 1978 erfolgreich erreichen. Mit dabei hat er einen 4,5 Kg schweren Peilsender, der jede Minute ein Funksignal abgibt, der von der NASA über einen Wettersatelliten empfangen wird. Damit kann Uemura erfolgreich geortet werden, als er wegen brüchigen Eises von einem Flugzeug angeholt werden muss.

Die Deutschen am magnetischen Pol

Im Juni 1978 startet Deutschland unter der Leitung von Prof. Dr. Bartsch eine wissenschaftliche Expedition zum magnetischen Pol, der sich zu der Zeit im nördlichen Ellesmere-Land befindet. Die Forscher Dr. Ing. Dr. Flügel, Dr. Völk, Dr. Eichler, Dr. Hell und Mausbacher müssen mit Chartermaschinen zum Forschungsgebiet gebracht werden. Es werden besonders hydrologische, klimatologische sowie geophysikalische Messungen und geomorphologische Kartierungen vorgenommen.

Nonstop einmotorig zum Pol

1978 wagt der 54-jährige Sportpilot Dieter W. Schmitt den ersten Flug mit einer speziell umgebauten einmotorigen Beechcraft/Denzel Bonanza V-35B zum Nordpol. Der Heidelberger fliegt von Anchorage in Alaska aus 8.200 Kilometer zum Pol. Nach 32 Stunden und 38 Minuten in der Luft kann er erfolgreich in München landen.

Sir Edmund Hillary und Neil Armstrong

1985 bekommt der Nordpol exklusiven Besuch. Mit einer Twin Otter landen keine geringeren als der erste Mensch auf dem Mond und der ziemlich erste Mensch auf dem Mount Everest am Nordpol. Sir Edmund Hillary und Neil Armstrong erleben ihren Aufenthalt mit „guten Gesprächen“.

Oden und Polarstern

1991 sind zwar erneut Wasserfahrzeuge, aber erstmals Diesel angetriebene Schiffe zum Nordpol unterwegs. Der schwedische Eisbrecher Oden und das deutsche Forschungsschiff Polarstern erreichen am 7. September 1991 erfolgreich den Nordpol. Drei Monate dauert die arktische Expedition.

Ein Fuchs am Nord- und Südpol

Wenn er nicht daheim in Schleswig-Holstein ist, ist er meist am Nordpol, Südpol, in der Nordwestpassage, in der Nordostpassage oder irgendwo auf Grönland anzutreffen - Arved Fuchs, Weltreisender in Sachen Eis. 1980 scheitert er noch, er ist der erste Deutsche, der am 4. Mai 1989 im Rahmen der „ICEWALK“-Expedition unter der Leitung  des Briten Robert Swan von Ellesmere-Land aus zu Fuß zum Nordpol gelangt. Noch im gleichen Jahr, am 30. Dezember 1989 steht Fuchs zusammen mit Reinhold Messner am Südpol. Damit ist er der erste Mensch, der beide Pole innerhalb eines Jahres zu Fuß erreicht hat.  Weitere polare Erfolge Fuchs' (Auswahl) - 1981 Expedition in der kanadischen Arktis, 1983 auf den Spuren Alfred Wegeners über das grönländische Inlandeis, 1985 Kajakexpedition zum Magnetischen Nordpol, 1991-94 Querung der Nordostpassage, 1995/96 Querung der Nordwestpassage im Rahmen der Umrundung von Nord- und Südamerika, 1997/98 auf den Spuren der historischen Expeditionen des Schweden Andrée 1897 (s. o.) und der Zweiten Deutschen Nordpolexpedition (s. o.) von 1869/70, 2000 auf den Spuren von Ernest Shackleton in der Antarktis, 2002-2004 durch die Nordost- und Nordwestpassage, die erste Umrundung des Nordpols ohne Eisbrecherunterstützung und 2006 Erforschung von Ellesmere-Land.

Kreuzfahrten zum Nordpol

Der Nordpol ist mittlerweile erreichbar für jedermann geworden. Die Russen bieten sogar Kreuzfahrten mit ihren Atomeisbrechern an. Laut Reisekatalogen kostet die Nordpoltour z. B. mit dem russischen Nuklear angetriebenen Schiff Yamal rund 15.000 € (2002) in einer Drei-Bett-Kabine. Am Nordpol wird dann im Kreis getanzt, es wird gesungen und getrunken.

Nur im Sommer 2000 ist auf 90 Grad nördlicher Breite statt Eis - tiefes, dunkles Wasser. Da staunen die Poltouristen, und die Nordpolparty muss an Bord stattfinden.

Tauchgänge zum Nordpol

Im Jahr 2001 sollten sogar von der Yamal Tauchgänge mit zwei Tiefseetauchbooten hinunter gemacht worden sein. Damit wären laut Veranstalter zum ersten Mal Menschen direkt am Nordpol in ca. 4.200 Metern Wassertiefe gewesen. Der Spaß dieser Tauchexkursion kostete zusätzlich zum Reisepreis noch mal 50.000 US$ extra. Fand dieser Tauchgang je statt, oder blieb es nur bei der Absicht?

Anfang August 2007 startet die russische Expedition Arktis-2007 einen Tauchgang vom wissenschaftlichen Forschungsschiff Akademik Fjodorow, begleitet vom Eisbrecher Rossija, hinab zum Grund des Nordpols. Dabei installiert das Unterseeboot Mir-1 die russische Fahne in etwa 4.200 Metern Wassertiefe auf dem Grund des Lomonossow- und des Gakkelrücken am Nordpol-Punkt. Hintergrund sind die Gebietsansprüche der Russen, der Dänen und der Kanadier auf den Nordpol. In der Region werden große Gas- und Erdölvorkommen vermutet.

Schwimmend zum Pol

Nicht nur tief unten, sondern auch an der Wasseroberfläche tummelt sich der Mensch. Der Brite Lewis Gordon Pugh springt im Juli 2007 als erster Mensch am Pol ins Wasser und schwimmt in einer Rinne 24 Minuten nur mit Badehose und Badekappe bekleidet seine Runde. Damit will der Anwalt auf den Klimawandel hinweisen. Zur Nachahmung nicht unbedingt empfohlen.

Tod in einer Gletscherspalte

Am 1. März 2007 brechen die Belgier Dixi Dansercoer (45) und Alain Hubert (55) zu einer abenteuerlichen Nordpol-Expedition auf. Sie starten zu Fuß und mit Schlitten von der Küste Sibiriens aus über das Packeis zum Pol. Der Rückweg erfolgt dann nach Grönland. Das Ziel der Expedition ist u. a. das Erfassen von klimatischen Daten. Die beiden Freunde waren bereits erfolgreich in der Antarktis unterwegs. 2014 gelingt Dansercoer zusammen mit Eric McNair-Landry die erste Umrundung der grönländischen Eiskappe überhaupt. Die Extremsportler legen dabei mehr als 4.000 Kilometer zu Fuß zurück.

Im Juni 2021 will Dansercoer mit zwei weiteren Teilnehmern eine neue Grönland-Expedition starten. Dabei stürzt er in eine Gletscherspalte und stirbt. Ob sein Leichnam überhaupt geborgen werden kann, ist unklar.

Wieder ein Ballon

Der französische Arzt und Abenteurer Jean-Louis Etienne (63) wagt im April 2010 eine erneute Nordpolexpedition. Mit einem Ballon, eine so genannte 28 Meter hohe Rozière, will er als erster Mensch von Spitzbergen aus alleine das Nordpolarmeer überqueren. Nach 121 Stunden und 30 Minuten landet Etienne statt wie geplant in Alaska in Sibirien. Schlechtes Wetter verhindert allerdings einen direkten Überflug des Nordpols. Der Franzose erreichte bereits 1986 im Alleingang erfolgreich den Nordpol.

Erste Araberin am Nordpol

Im April/Mai 2010 versucht sich zum ersten Mal eine 27-Jährige aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zum Nordpol. Ilham Al-Kassimi, 1,60 Meter groß und 52 Kilo leicht, wagt die physische Herausforderung und bewältigt nach Anreise per Flugzeug mit ihrer etwa 30 Kilo schweren Ausrüstung die letzten Kilometer über das Packeis erfolgreich den Nordpol. Sechs Monate hat sich die Investmentbankerin auf ihre Tour vorbereitet. Mit ihrer Reise will Al-Kassimi andere Frauen aus ihrem Lebenskreis motivieren, „unsichtbare Hürden wegzuräumen.“

Karelia-North Pole-Greenland-Expedition

Die beiden Karelier Fyodor Konyukhov und Victor Simonov planen die erste je gemachte Querung der Arktis vom Nordpol aus über das Inlandeis Grönlands bis zum Kap Farvel im Süden der Insel. Sie brechen im April 2013 vom Nordpol auf. Vor ihnen liegen etwa 4.000 Kilometer. Mit ihren Schlittenhunden wollen sie ihr Ziel im August erreicht haben.

Der Nordpol wird zum Ziel der Marathonläufer

Extremsport in jeder Hinsicht. 64 LäuferInnen aus 20 Nationen starten im April 2013 bei minus 30 Grad zum nördlichsten Marathon der Welt. Sieger der coolen Angelegenheit ist Gary Thornton aus Irland in der Zeit von 3 Stunden, 49 Minuten und 29 Sekunden. Bei den Frauen gewinnt die Britin Fiona Oakes in 4 Stunden, 53 Minuten und 9 Sekunden. Unterwegs gibt es genug Gelegenheit zum Aufwärmen. Der 'Pole Run' wird nun jährlich durchgeführt.

Greenpeace am Nordpol 2013

Eine Expedition der Umweltorganisation Greenpeace bricht im April 2013 zum Nordpol auf. Die 16 Frauen und Männer versenken am Pol eine Zeitkapsel mit 2,7 Millionen Unterschriften im Meer. Damit fordern sie eine Schutzzone in der Arktis. (siehe unten)

Zum zehnten Mal am Pol

Bereits zum zehnten Mal chartert die Münsteraner Firma AirEvents von der Fluggesellschaft Airberlin einen Airbus 330-200 und fliegt damit am 1. Mai 2017 wieder zum Nordpol. Mit jetzt drei Starts ab Berlin und sieben ab Düsseldorf legt das Flugzeug die etwa 10.000 Kilometer lange Strecke tour/retour in zwölf Stunden zurück. Diesmal können gut 252 Passagiere dabei Runden am Pol und die Ausblicke auf Spitzbergen, Grönland und Island genießen.

Ein Jahr zuvor, 2016, 'trafen' die Passagiere des neunten Nordpol-Fluges der Deutschen Polarflug/AirEvents genau am Pol die neuseeländischen Bayly-Nordpol-Expedition. Die Überraschung beider Expeditionen war groß, wie sie anschließend über private Mails mitteilten.

Betrug

Ein historische Flug war für Ende Oktober 2018 ab/an New York geplant. Beide Pole sollten dabei erreicht werden. Es galt schneller als die bisher benötigten 54 Stunden für den großen Pole Jump zu sein. Plätze konnten zum Preis von 9.990 € bis 16.400 € gebucht werden. Der Flug sollte mit einem privat gecharterten Airbus 340-300 durchgeführt werden. Nur, diese exklusive Tour entpuppte sich kurz vor dem Start als Betrug.

Internationaler Frauentag am Nordpol

Im März 2018 führt Felicity Aston MBE eine zehntägige Expedition mit elf Frauen zum Pol durch. Unterstützt wird das Unternehmen von der Firma Kaspersky Lab. Aston möchte mit der Frauenexpedition den „einen besseren Dialog und ein besseres Verständnis zwischen Frauen aus westlichen und arabischen Kulturen“ fördern.

Inflationär

Die Ruhe am Nordpol ist endgültig vorbei. Die Russen haben auf etwa 89 Grad Nord die Eisstation Camp Barneo, die jedes Jahr erneuert werden muss, eingerichtet. Von dort können gut Betuchte ihre private Nordpol-Expeditionen starten. Diese Touren heißen meist „Last Degree Walk“.

Auch gibt es Hubschrauberflüge von Longyearbyen, Spitzbergen, aus bis zum Camp Barneo auf 89 Grad Nord, von wo der Marsch zum Pol starten kann. Dauer dieser Touren ungefähr 15 bis 19 Tage, Kosten etwa 49.000€ bis 84.000€ je nach Umfang.

Inflationär - Darum endet diese Aufzählung hier. Aber sie soll die Erinnerung an all' die Menschen wachhalten, die oft ihr Leben riskiert haben, damit das heute so möglich ist.

Wer war der Erste am Nordpol?

Zurück zur Anfangsfrage: Wer war denn nun der erste Mensch am Nordpol? Diese Frage wird sich nie mit endgültiger Gewissheit beantworten lassen! Doch eben in der Nichtbeantwortung liegt vielleicht der abenteuerliche Reiz des Nordpols - weil jeder, der nach der Ära von Peary, Cook & Co dort ankommt, denken muss:

Vielleicht bin ich doch der Erste! 

 

 

 

 
*Links

Der Münsteraner Veranstalter AirEvents veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Luftfahrtgesellschaft AirBerlin Sonderflüge zum Nordpol. Seit 2007 haben die Partner zehn erfolgreiche Flüge zum Nordpol durchgeführt und waren jeweils ein voller Erfolg. Ein Flug startete sogar am 1. August 2008 zur arktischen Sonnenfinsternis zwischen Spitzbergen und Franz-Josef-Land, um dann weiter zum Pol zu fliegen. Videoclips von dem Sofi-Flug gibt es zum Beispiel auf youtube.com.

Allerdings war der 2017er Flug vorerst der Letzte seiner Art.

 

Link: https://www.airevents.de/

Link: Reportage über den Nordpolflug 2007

Link: Reportage über den Sonnenfinsternis- und Nordpolflug 2008

Link: Reportage über den Nordpolflug 2009

Link: Reportage über den Nordpolflug 2010

Link: Reportage über den Nordpolflug 2012

Link: Reportage über den Nordpolflug 2013

Link: Reportage über den Nordpolflug 2015

Link: Reportage über den Nordpolflug 2016

Link: Reportage über den Nordpolflug 2017

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* Internetkameras am Nordpol
Wissenschaftliche Seite über die Arktis

NOAA Arctic Theme Page (englisch)

mit aktuellen Bildern vom Packeis am Nordpol
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* Wem gehört der Nordpol?

Greenpeace fordert Schutz der Arktis

Der Nordpol ist internationales Gewässer und gehört keinem Land. Dennoch streiten sich die Anrainerstaaten intensiv und nachhaltig um die dortigen Bodenschätze. Selbst China bezeichnet sich als Arktis-naher Staat“. Jetzt fordert die Umweltorganisation Greenpeace, das Nordpolargebiet solle Schutzzone werden. Eine Zeitkapsel mit 2,7 Millionen Unterschriften (Foto) als Forderung dieser Zone ist am 15. April 2013 im Rahmen einer Expedition der Umweltorganisation Greenpeace am Nordpol versenkt worden. 

Foto und alle Rechte bei Christian Aslund, Greenpeace. 

(Mit freundlicher Genehmigung) 

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* Hat der Nordpol eine Flagge?
Seit 2013 gibt es die offizielle Flagge von Greenpeace, die am Nordpol aufgestellt wurde.
Die Flagge von Sarah Batrisya, einer 13-jährigen Pfadfinderin aus Malaysia, wurde unter 800 Entwürfen aus 52 Ländern ausgewählt. Sie begleitete die Greenpeace-Expedition zum Nordpol.

Foto & alle Rechte bei Vicki Couchman, Greenpeace. 

(Mit freundlicher Genehmigung.) 

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* Hat der Nordpol noch eine weitere Flagge?

Ja, diese (private) Flagge gibt es schon seit März 2005!

Benny Linsenmaier aus Ulm, 4 Jahre alt, hat sie gemalt. Von der Fahne gibt es zwei Versionen: Die obere ist von Benny, die untere zeigt die Benny-Umsetzung der Mutter Anne-Katrin.

Und damit hat der Nordpol jetzt drei Flaggen!    

 

Die Nordpolflagge von Benny (4) gemalt.
Die Nordpolflagge von Bennys Mutter.
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* Woran erkennt man, dass man am Nordpol steht?

Wenn man viel Zeit mitgebracht hat, dann ist das Erreichen des Nordpols daran zu erkennen, dass dort der Polartag sechs Monate dauert - ebenso wie die Polarnacht

Es reicht aber auch eine Zeitspanne von zwölf Stunden, um festzustellen, dass sich die Länge des Schattens praktisch nicht mehr ändert. Dieses Verfahren will übrigens Cook bei der Bestimmung von 90 Grad Nord angewandt haben.

Ein anderes Zeichen dafür ist die Rotation des Sternenhimmels während der Polarnacht. Alle Sterne drehen sich um den im Zenith stehenden Polarstern. Dieses Phänomen mit dem Polarstern, der deshalb seinen Namen trägt, lässt sich natürlich auch von anderen Orten auf der nördlichen Halbkugel verfolgen. Aus dem Winkel zum Horizont lässt sich auf diese Weise der Breitengrad feststellen.

Interessant mag die Feststellung sein, dass am  Nordpol der Wind immer aus Süd in Richtung Süd weht. Dabei würde die Kompassnadel - in 102 Grad westliche Richtung gehalten - aber immer noch gen Norden zeigen. Wenn sie wegen der Nähe zum magnetischen Pol nicht stark zittern würde. Denn der magnetische Südpol - die Nordrichtung des Kompassmagneten zeigt zum magnetischen Südpol - liegt im Insellabyrinth der kanadischen Nordküste auf ungefähr 80° 1′N, 72° 13′W (2010). Seine Lage ist großen auch kurzfristigen Schwankungen unterworfen.

 

 

***

* Lässt sich nicht am Schattenwurf auf den Fotos feststellen, ob Cook und Peary wirklich am Pol waren?

Die Schattenwürfe sind immer wieder nachgemessen worden, auch dienen diese Ergebnisse zur Untermauerung einiger Thesen, ob Cook und Peary wirklich am Pol waren. Nur lassen sich diese Behauptungen damit nicht beweisen.

Denn auf den Polfotos ist nur schwerlich wenn überhaupt ein Horizont zu erkennen, der eine genauere nachträgliche Messung des Sonnenstandes zuließe. Auch muss dann optische Verzerrung der Kameraobjektive berücksichtigt werden. Aber selbst wenn...

Denn je weiter man sich vom Punkt 90 Grad südwärts entfernt, desto mehr verläuft scheinbar die Sonne auf einer immer größer werdenden Kreisbahn - in Wirklichkeit bewegt sich der Beobachter. Also selbst wenn Cook und Peary nicht auf 90 Grad Nord gewesen sind, hätten sie für ihre Erfolgsfotos nur solange warten müssen, bis die Sonne den exakten Höhenstand erreicht hat, wie er in diesem Augenblick am Nordpol gewesen ist. Und fertig ist das Nordpolfoto!

Als aktuelle Erkenntnis gilt die Annahme, dass Peary 1909 sich dem Pol bis auf etwa 110 Kilometer genähert hat.

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Autor: Th. Bujack

Veröffentlichung und Verbreitung nur mit Einverständnis des Autors!

Alle Rechte bei der  NORDLANDSEITE

Quellen:

Arktis, Entdeckungen - Expeditionen - Ereignisse, vier Bände, Ingeborg Trögel Verlag Leverkusen, 1997 und 2002

Die Entdeckung des Nordpols, Robert E. Peary, Verlag Wilhelm Süsserott Berlin, 1910

Robert Edwin Peary, Biographie von Otto Emersleben, Verlag Neues Leben Berlin, 1991

Frederick A. Cook, Meine Eroberung des Nordpols, 1912, Alfred Janssen, Hamburg und Berlin

Der erste Flug über das Polarmeer, R. Amundsen und L. Ellsworth, Verlag Grethlein & Co

Die abenteuerliche Fahrt der Nautilus, Willian R. Anderson und Clay Blair, Verlag Kurt Desch, 1959

Nie zurück, Reinhold Messner, BLV Verlagsgesellschaft, München, 1996

Lockende Pole, H. H. Wille, Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin, 4. Auflage, 1973

H. H. Houben, Der Ruf des Nordens, Wegweiser-Verlag GmbH, Berlin 1927

George P. Steele, 10.000 Meilen unterm Eis, Verlag Ullstein GmbH, Berlin Frankfurt/M Wien, 1962, ins Deutsche 1963 

Heinz Helfgen, Ich trampe zum Nordpol, Verlag: Bertelsmann; Auflage: 21. - 40. Tsd.,1956

Heinz Straub, Nobile Der Pol-Pionier, Die Italia-Katastrophe in der Arktis, Schweizer Verlagshaus AG, Zürich, 1985
Die Nordpolverschwörung, ZDF Terra-X, ein Film von Simone Schillinger und Mira Thiel, 2009
Mit dem U-Boot in die Arktis, Hans und Sebastian Fricke, Film, NDR, 2011

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Abstimmung auf der NORDLANDSEITE
Cook war der erste Mensch am Nordpol!
Die BesucherInnen der NORDLANDSEITE haben die Abstimmung „Wer war der Erste am Nordpol?“ mit 1026 Stimmen entschieden – der erste Mensch am Nordpol war der Amerikaner Frederick A. Cook am 21. April 1908. Mit 25,3 Prozent (260 der 1026  Stimmen) geht das Votum klar an ihn.

Robert E. Peary schafft es mit 21,3 Prozent (219 Stimmen) auf den zweiten Platz.

Roald Amundsen war 1926 definitiv am Nordpol. 20,1 Prozent (206 Stimmen) glauben, er war der Erste am Nordpol.

Dass Pearys treuer Diener und Begleiter Matthew Henson den Pol einen Tag früher erreichte und er damit der erste Mensch am Pol war, glauben 17,9 Prozent (184 Stimmen) der Wähler.

Auf den letzten Platz landet US-Flieger Richard E. Byrd mit 15,3 Prozent (157 Stimmen).

Damit ist besonders das historische Wettrennen zwischen Cook und Peary mehr als hundert Jahre nach dem nicht endgültig geklärtem Ausgang hier auf der NORDLANDSEITE entschieden.

Die Redaktion der NORDLANDSEITE dankt allen TeilnehmerInnen